Ich lernte Olive in einer Zeitschrift kennen. Die Miniserie Olive Kitteridge wurde vorgestellt und ich kaufte mir die DVD . Wunderbar und immer wieder anzusehen!
Corona kam und ich besorgte mir den Roman Die langen Abende. Eine Fortsetzung von Olive Kitteridge in Buchform. Auch wunderbar und sicher immer mal wieder zu lesen an langen Abenden.
Jetzt lese ich Mit Blick aufs Meer, das Buch zum Film, also zur Miniserie, genauer gesagt. Ich vertiefe mich in die Geschichte und da der Film sich eng an die Romanvorlage hält, kommt mir vieles bekannt vor.
Ich tippe Euch den Klappentext ab, damit Ihr wisst, worum es geht. Corona kommt übrigens überhaupt nicht vor, dafür aber alles, was Menschen bewegt.
„Sie kann manchmal eine echte Nervensäge sein: Olive Kitteridge, eine pensionierte Mathelehrerin, hat zu allem, was in Crosby geschieht, eine dezidierte Meinung. Sie kann stur und boshaft sein, dann wieder witzig, manchmal sogar eine Seele von Mensch. Auf jeden Fall kommt in Crosby, der kleinen Stadt an der Küste von Maine, keiner an ihr vorbei: die schrille Barpianistin, die insgeheim einer verlorenen Liebe nachtrauert, ein ehemaliger Schüler, der nicht zum Familienbesuch in seine Heimat zurückkehrt, Olives Sohn, der sich von ihren Empfindlichkeiten bevormundet fühlt, ihr Mann Henry, der die Ehe mit ihr nicht nur als Segen, sondern auch als Fluch empfindet. Und während sich die Menschen in Crosby mit ihrem ganz normalen Leben herumschlagen, den Problemen wie den Freuden, lernt Olive auf ihre alten Tage, das Leben zu lieben. Elizabeth Strouts Roman erzählt von Liebe und Kummer, von Toleranz und Wut. Mit „Blick aufs Meer“ ist ein weises und anrührendes Buch über die Natur des Menschen in all seiner Verletzlichkeit und Stärke, gnadenlos ehrlich und unglaublich schön.“
Eine kleine Olive steckt auch in mir. Ich mag die Geschichten, die das Leben beschreiben, wie es wirklich stattfinden könnte. Es geht um die Liebe, Ehe, Scheidung, Elternschaft, Kindheit, physische und psychische Probleme, Krankheiten und Tod. Nichts ist schwarz oder weiß, alles ist bunt. Nichts ist eindeutig, es gibt kein Richtig und kein Falsch. Es ist wie es ist. Das gefällt mir so gut.
Ein ehemaliger Schüler erkundigt sich bei Olive nach ihrem Mann. Sie antwortet:
„Er denkt daran, vorzeitig in Rente zu gehen. Sie haben die Apotheke verkauft, und er müsste für die neue Kette arbeiten, und da gibt es alle möglichen blödsinnigen Vorschriften. Schon traurig, wie sich diese Welt entwickelt.“
Es war immer traurig, wie sich die Welt entwickelte. Und immer brach ein neues Zeitalter an.“ (Seite 57)
Dieser Satz blieb in mir hängen. Und jetzt kommt doch Corona ins Spiel. Nicht im Buch, aber für mich. Ich habe diesen Gedanken häufig selbst gehabt. Aber er stimmte nie so sehr, wie jetzt gerade. Ich fühle mich aus der Bahn geworfen und taste mich durch Widrigkeiten, die mir vor ein paar Wochen noch völlig unbekannt waren. Meine Synapsen suchen und finden neue Verbindungen und murren, dass sie eigentlich zu alt für so etwas sind. Und ab morgen setze ich mir sogar eine Gesichtsmaske auf, wenn ich einkaufen gehe. Sehr widerwillig, aber ich mache das. Mir graut davor, nur noch Maskierte um mich zu haben. Ich will das nicht, aber ich muss. Ein Spruch, den ich als Kind oft sagte. Ich will nicht, aber ich muss und darum wird das Lästige integriert, wenn es nicht über Bord geworfen werden kann.
Warum schreibe ich das jetzt? Ach ja, ich ahne, dass der Anteil in mir, der Olive so ähnelt, mich darin unterstützen wird, mit den Veränderungen zurecht zu kommen. Das ist keine wissenschaftliche Tatsache, aber Bauchgefühl.
Bisher hat das ja alles auch ganz gut geklappt.