Meine Eltern hoben alle Briefe, die sie je erhalten haben, in einer Kiste auf und die habe ich geerbt. Ich wunderte mich, dass man so alte Post so lange aufheben kann und warum überhaupt?
Eines Tages stand mein geschiedener Mann vor meiner Tür und er brachte mir einen Umzugskarton voller persönlicher Dinge, die er auf dem Dachboden noch von mir gefunden hat. 😳Ach du Schreck.
Sehr, sehr groß war mein Erstaunen, als ich mehrere Ordner mit allen Briefen, die ich je erhielt, fein säuberlich eingeheftet und gut sortiert, vorfand.😳 Echt jetzt? Damit übertraf ich ja noch meine Eltern. Das hatte ich ganz vergessen.😆
Der Karton stand ein paar Jahre auf meinem Dachboden herum. So nach und sortierte ich ihn aus.
Heute entsorgte ich endlich Briefe und Tagebücher.
Ich stöberte ein letztes Mal in der alten Post herum. Damals hielten wir ja noch Kontakt mit langen, ausführlichen, meist handgeschriebenen Briefen. Kaum vorstellbar in heutiger Zeit.
Den ganzen Vormittag verbrachte ich mit den Zeugnissen meiner Vergangenheit. Innere Bilder stiegen auf und brachten die passenden Emotionen mit. An manchen Absender kann ich mich allerdings überhaupt nicht mehr erinnern, obwohl wir augenscheinlich lange miteinander zu tun hatten.
Mich erstaunte die Vielzahl von Männern und Frauen, die mir so nett schrieben. Ich weiß meist noch, wer sie waren, aber dass wir uns so sehr gemocht hatten, das habe ich vergessen.
Überhaupt: Ich war nie so einsam, wie ich mich häufig fühlte. Ich wurde gemocht und manchmal auch geliebt. Ich kann sogar ein paar Liebesbriefe vorweisen, wie sonderbar! Das habe ich vergessen, nicht wahrgenommen oder verdrängt.
Heute ist es bei mir ja weniger geworden mit den Kontakten und der gelebten Liebe. Aber wer weiß, wenn wir uns heute noch Briefe schreiben würden, wäre ich in ein paar Jahren vielleicht auch so überwältigt, wie ich es gerade bin
Ich brauche die alten Briefe und Tagebücher nicht mehr. Ich schaffe sie aus dem Haus. Einen Teil der Familienpost behalte ich noch eine Weile. Meine Seele ist erschöpft. Ich brauche jetzt eine gewisse Zeit, um mich auch innerlich von den alten Geschichten zu verabschieden.
Und danach fühle ich mich vielleicht freier, weil mein Rucksack leichter geworden ist. Ich bin jetzt und das, was war, entlasse ich ins Universum. Und dorthin schicke ich auch liebe Gedanken an all die Menschen, die mich auf meinem Lebensweg ein Stückchen begleitet haben, wo immer sie auch gerade sind.