Gestern begann ich den Roman: Am Ende alle Zeiten, von Adrian J Walker, September 2016
Der Klappentext lautet: „Ich war fünfunddreißig und steckte bereits gründlich fest. Ich betrachtete mich- Edgar Hill, verheiratet und Vater zweier Kinder, Eigenheimbesitzer, Vollzeit-Angestellter eines zweckfreien Konzerns, der schon bald in Rauch aufgehen würde- als Produkt einer kranken Umwelt, einer hoffnungslos gescheiterten Zivilisation. Mir war unbegreiflich, wie es soweit hatte kommen können. Es war ein Witz, aber ohne Pointe. Wie sollten wir uns um den Planeten kümmern, wenn wir uns nicht mal um unser Land kümmern konnten, unsere Stadt, unsere Gemeinde? Um unsere Familien- uns selbst….Was, wenn alles einfach vorbei wäre?, dachte ich. Wenn sich alles in Luft auflösen würde?“
Als das Ende kommt, kommt es von oben: Asteroideneinschläge verwüsten die britischen Inseln. Städte, Straßen, Internet- all das gehört plötzlich der Vergangenheit an. Das Chaos ist gigantisch, die Katastrophe total. Edgar wird von seiner Familie getrennt und vor die größte Herausforderung seines Lebens gestellt: Will er Frau und Kinder jemals wiedersehen, muss er von Schottland nach Cornwall laufen, 500 Meilen durch ein sterbendes Land. Und er muss zu dem Mann werden, der er schon immer sein wollte.
Ich habe die ersten 42 Seiten vor dem Einschlafen gelesen. Ich fand sofort Zugang zu Edgars Geschichte. Sein Bericht beginnt einen Tag vor der Katastrophe, als Edgar sich mit seiner Familie in einem riesigen Indoor-Spielplatz aufhält. Wobei er schwer verkatert ist, was die Sache für ihn nicht gerade leichter macht. “ Hundert oder mehr überzuckerte Blagen taumelten, kletterten, krabbelten kreuz und quer und pausenlos schreiend über Leitern und Brücken und durch das gepolsterte Labyrinth. Eltern folgten ihnen auf dem Fuß oder krochen auf allen vieren durch die warmen Ausdünstungen ihrer Sprösslinge wie Verdammte in einem längst vergessenen Höllenkreis. Andere, die kurzzeitig von dieser Marter verschont waren, standen in Grüppchen am Rand und tranken Tee und Energydrinks: Frauen mit dunklen Augenringen, die kichernd übereinander lästerten, und dümmlich grinsende Männer, deren Wampen ihre Teenager-T-Shirts sprengten, wenn sie ihre Handykameras zückten. Oder sie saßen wie ich in einer Ecke und erholten sich von neun Pints Lager, die immer noch durch ihren sonst leeren Magen schwappten……
Edgar setzt seinen Sohn Arthur in der Babyzone ab. „Er sah sich ein bisschen um, dann krabbelte er zu einem anderen kleinen Jungen und begann eine wortlose Auseinandersetzung um einen Plastikhammer. Ein Mädchen brüllte, als ihr zornroter Bruder sie kopfüber von einem Sitzsack schubste. Wo ich auch hinschaute, gab es Streit, aufgebrachte Kleinkinder, die ihr Revier absteckten, Frontalzusammenstöße winziger Seelen. So viel Lärm und Geschrei; ein Leben, das begann, wie es enden würde- als Kampf.“ (Seite 11)
Ja, so las ich ganz vergnügt und konnte Edgar ziemlich gut verstehen. Ich grinste vor mich hin und fand, dass Männer es wohl auch nicht immer leichter haben als Frauen. Wobei Edgar zugab, dass er das bessere Los gezogen hatte, denn die Arbeit erlebte er als reinste Erholung, im Gegensatz zum Familienleben. Obwohl er seine Familie liebte, was in den Schilderungen auch immer wieder deutlich wurde. Ein schönes Buch, dachte ich bis zu dem Moment, als die Katastrophe eintrat.
Ich habe es dann ziemlich schnell zugeklappt, denn vor dem Einschlafen wollte ich das alles nicht so genau wissen. Es fiel mir immer schwerer, den Roman als Fiktion zu sehen und nicht als Tatsachenbericht.
Ich werde „Am Ende aller Zeiten“ jetzt tagsüber unten auf meinem Sofa lesen und mir als Einschlafbuch tatsächlich die „Ronja Räubertochter“ oben ins Schlafzimmer ans Bett legen.
Warum bloß lese ich diese Endzeitbücher so gerne? Es ist wohl meine Art, mich mit der Realität auseinanderzusetzen. Die Romane thematisieren meine Gefühle, Gedanken und Sorgen. Aber sie machen auch Mut. Sie zeigen Wege, sich durchzuschlagen, Kräfte zu entwickeln, mit dem Neuen zurechtzukommen. Sie zeigen Möglichkeiten, mit dem Unmöglichen fertig zu werden. Und beim Lesen kann ich mir immer noch sagen: Ach, so schlimm wird es hoffentlich nicht kommen.
Ich bin gespannt, wie sich Edgar schlagen wird. Wahrscheinlich wird sich seine Sicht der Dinge radikal ändern. Ich kann es kaum erwarten, die Geschichte weiter zu verfolgen, aber wie schon gesagt: das mache ich lieber tagsüber…..
Inzwischen beteiligt sich bei „Heute lese ich …“ auch
wortgeflumselkritzelkram (als Erfinderin)
Michaela von Buecherlogie
und Mein Name sei Mama
und Veronika von vrojongliert