Vor nicht allzu langer Zeit gab es noch große Familientreffen und ich hatte das große Glück in den Familien meiner „Schwiegertöchter“ herzlich willkommen zu sein. Die Pandemie begann und die großen Feiern hörten auf. Aber mit einer Angehörigen (86), die weit entfernt wohnt, halte ich regelmäßigen Kontakt. Wir telefonieren alle paar Wochen ausführlich miteinander und obwohl wir uns erst dreimal im Leben gesehen haben, stehen wir uns recht nahe. Wir mögen uns und ich kann von ihr lernen, wie man positiv mit dem Altern und den körperlichen Einschränkungen umgehen kann. Sie hat ein schweres und auch schönes Leben hinter sich und mit ihrer interessierten, humorvollen und fröhlichen Art ist sie der Mittelpunkt ihrer Familie. Gestern sprachen wir wieder miteinander und sie erzählte, dass sie von mir geträumt hat. Sie erinnerte sich, dass wir miteinander lachten, allerdings wusste sie nicht, warum. Ich denke an unser Osterfest vor ein paar Jahren bei ihr. Wir saßen faul auf dem Balkon herum, schlabberten Eierlikör und blödelten so lange herum, bis der Rest der Familie sich ins Innere verzog und lieber Sportschau guckte. Und wir zwei Alten leerten die Flasche und gackerten wie die Hühner. Und ja, auch am Telefon lachen wir viel, aber dass sie mich und unser Lachen mit in ihren Traum genommen hat, ist ein schönes Geschenk und rührt mich sehr.
Manchmal finde ich es regelrecht respektlos, wie das Altern mit mir umgeht. Ist nicht schön, auch wenn ich mich dagegen stemmen will. Es gibt die sportlichen Alten, die die körperliche Gebrechlichkeit nach hinten schieben können, vielleicht sogar bis an ihr Lebensende, aber irgendwelche Macken haben alle. Auch wenn ich nichts davon weiß und manchmal denke, dass ich mich nicht genug anstrenge, um meine Jugend zu erhalten. Das geht nicht, wie einige von Euch und ich ja auch schon sehr genau wissen. Manchmal scheint mir das Altwerden bedrohlich zu sein, aber die Seele bleibt ja jung. Das ist die gute Nachricht.
Zum Thema kann ich berichten, dass ich zur Zeit in eine Serie eintauche, die mich genauso einfängt, wie die „Big Bang Theorie“ vor einem Jahr (https://de.wikipedia.org/wiki/The_Big_Bang_Theory). Ich amüsiere mich köstlich mit „Grace und Frankie“ : Grace and Frankie – Offizieller Trailer – Netflix – Deutsch [HD] – YouTube. Es geht um das Altern und um Veränderungen. Natürlich hat hier nichts mit meinem Alltag zu tun. Die Herrschaften, um die es geht, sind reich und privilegiert. Das Strandhaus, in dem Grace und Frankie leben, ist mein Traumhaus und für mich immer und ewig sogar als Ferienhaus für eine Woche unerreichbar. Die beiden Frauen haben keine Schwierigkeiten damit, wunderbare, gut aussehende Männer kennenzulernen und sich neu zu verlieben. Und sie haben HAARE, so schöne Haare, wie ich sie nie hatte und doch so gerne wollte. Sie sind eingebunden im Familienverband, zu denen Kinder und Ex-Ehemänner gehören. Kurz, sie leben ein Märchen-Leben. Und so sehe ich die Serie auch. Ein schönes Märchen, in denen mir die Protagonisten immer vertrauter werden und die ich alle am liebsten um mich versammeln würde. Es werden die Tücken des Alterns thematisiert, die ich sehr gut kenne und oft muss ich herzhaft lachen über absurde Situationen, die so oder so ähnlich auch mir bekannt sind.
Ich lenke mich abends mit dieser Serie von einer Realität ab, die mir gerade wieder überhaupt nicht gefällt. Aber um nicht so ganz in Traumwelten zu verschwinden, werde ich heute in eine neu gegründete Selbsthilfegruppe gehen, die sich mit dem „Leben in der Pandemie“ beschäftigt. Ich habe Gesprächsbedarf und möchte gut zuhören, wenn die anderen erzählen. Mal sehen, vielleicht gefällt es mir und ich gehe nächste Woche wieder hin.