30. Mai

Gestern kam mein Fahrrad mit zum Nahdransohn und wir radelten am Kanal entlang und das war so schön und ich habe nur wenige Fotos gemacht. Gruppenradeln ist nur bedingt geeignet für plötzliche Stopps einer einzelnen.

Heute morgen war ich wieder alleine unterwegs. Besser ist das zum Fotografieren. Ich halte einfach an und fertig.

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Workshop

Vor ein paar Wochen nahm ich an einem Fotoworkshop im Rundlingsmuseum (https://de.wikipedia.org/wiki/Rundlingsmuseum) teil. Ich wollte kreativ sein und sollte lernen, gute Fotos ohne die „Automatik“ zu machen. Handeingestellte, künstlerische Fotos eben, mit Sinn und Verstand. Das war schwer und machte mich ganz wuschig. Nein, meine Kenntnisse reichten nicht und um wirklich etwas zu lernen, war die Zeit zu kurz.

Und weiter mit Versuch und Irrtum und heimlicher Automatik. Ohne die wäre wohl wenig gelungen.

Und hier noch ein paar Eindrücke, die mir selbst richtig gut gefallen. Ich ließ die Technik Technik sein und machte einfach wie immer.

Doch ja, der Tag hat mir so einiges gebracht. Zumindest Spaß. War richtig nett, über der Fotografieren zu plaudern. Technik habe ich nicht wirklich gelernt, das müsste ich vertiefen. Ich will aber gerade nicht, vielleicht später.

Fakten und die Wahrheit

Zu viert bewohnten wir kürzlich ein Ferienhaus in Dänemark. Es gab nur einen Haustürschlüssel und so bestimmten wir für ihn einen Platz drinnen und ein Versteck draußen.

Die anderen drei fuhren gerne mit dem Auto irgendwohin und ich erkundete lieber mit dem Fahrrad die nähere Umgebung. Oder ich hielt mich einfach nur am Meer auf.

Eines Tages fuhren die anderen also mal wieder weg und sie wussten, dass ich radeln wollte. Gemeinsam schlossen wir ab, versteckten den Schlüssel, sie fuhren los, ich winkte und machte mich auch auf den Weg. Ich beendete meine Radrunde nach etwa einer Stunde, stellte das Fahrrad am Haus ab, schloss die Haustür auf, holte meine Strandsachen mitsamt Anglerstuhl, Buch und Lesebrille, schloss wieder sorgfältig ab, versteckte den Schlüssel und ging zu Fuß ans Meer.

Die anderen kamen zurück, entdeckten mein Fahrrad, fanden die Haustür offen, wunderten sich, dass der Schlüssel nicht im Haus am vereinbarten Ort lag, sahen von der Terrasse aus, dass die Gardine meines Schlafzimmers geschlossen war und dachten, ich würde im Bett liegen und schlafen. Den ganzen Nachmittag wollten sie mich nicht stören und verhielten sich leise wie die Mäuschen. Sie ärgerten sich, dass ich den Schlüssel nicht wie vereinbart abgelegt hatte. Sie hatten natürlich keine Veranlassung, ihn im Garten zu suchen.

Irgendwann kehrte ich fröhlich und entspannt vom Strand zurück. Sie fragten genervt, wo denn der Schlüssel sei und warum ich die Tür nicht abgeschlossen hätte. Was mich wiederum erstaunte, denn ich war mir sicher, die Haustür fest verschlossen zu haben. Und natürlich lag der Schlüssel im Versteck draußen. Sie blieben leicht gereizt und ich ärgerte mich, weil ich nicht geprüft hatte, ob die Haustür wirklich verschlossen war. Ich habe wohl versehentlich die Tür nach dem Abschließen wieder aufgeschlossen, als ich den Schlüssel aus dem Schloss zog. Die dänischen Schlösser und Schlüssel sind ja nicht immer leicht zu handhaben.

Ich finde diese kleine Episode bemerkenswert. Ihre Wahrheit wurde durch Fakten (unverschlossene Haustür, geschlossene Gardinen, Schlüssel (angeblich) verschwunden, mein Fahrrad im Garten) belegt und sie war ja trotzdem nicht wahr.

Fakten können manchmal unterschiedlich interpretiert werden. Die geschlossene Gardine zum Beispiel belegte nicht, dass ich im Bett lag, sondern sie sollte nur die Sonne draußen halten. Darum ist es klug, sich mit den vermeintlich eindeutigen Fakten zu beschäftigen und sie gegebenenfalls zu revidieren.

Das wollte ich mir merken. Manchmal streitet man sich ja völlig unnötig um Sachen……na, Ihr wisst schon.

Wenn Fakten allerdings interpretiert werden ohne wissenschaftliche Ergebnisse einzubeziehen, wenn die Wissenschaft insgesamt infrage gestellt wird und durch eigene Erkenntnisse ersetzt werden soll, dann wird es gefährlich. Dann ist ein sinnvoller Diskurs nicht mehr möglich. Meinung ist immer noch keine Wissenschaft und ich hoffe, dass ich das noch lange unterscheiden kann.

Der nächsten Bundestagswahl sehe ich mit großer Sorge entgegen……

Ich denke, also bin ich, oder?

„Wer bin ich, wenn ich alleine bin?“, denke ich und hänge meine Wäsche im Garten auf. Wenn es nicht so warm ist und die Sonne sich etwas zurück hält, bin ich auf jeden Fall eine andere, als wenn es heiß und staubig ist mit praller Sonne ohne Schatten und Getränk. Klar, und wenn ich die Schmerzen mit Tabletten herunter dimme, bin ich auch eine andere, als wenn ich um jeden Preis aushalten will. Und mein Denken beeinflusst ja auch noch mein Sein. Ich denke unterschiedliche Gedanken und fühle immer neu. Bin ich meine Gedanken oder die Auswirkung von diesen? Oder bin ich die innere Instanz, die die Gedanken steuert?

Schlimme Gedanken drücken mich und Vorfreude hebt an. „Verliebt sein wäre schön“, denke ich und nehme mir vor, mir auszudenken, ich wäre es. Oder mich zu erinnern, wie es war. So als kleine Auffrischungstherapie vielleicht. Und dabei werde ich ganz fröhlich und beschwingt. Ist doch eigentlich egal, wer ich bin. Ich kann sein, wer ich will. Wenn ich allein zu Hause bin, bin ich das jedenfalls meistens. Unterwegs habe ich manchmal so meine Zweifel.

Ich sinniere weiter, während ich die zweite Wäscheladung an die frische Luft bringe. Nun sind die T-Shirts und Blusen dran. Und ein Kleid. Wenn ich das trage, bin ich dann eine andere, weil ich mich anders fühle als in Hosen? Und bin ich eine andere, wenn ich mich in Gesellschaft befinde? Auf jeden Fall, denn ich möchte dazu gehören, mich einfügen, mit den anderen mitschwingen. Wichtig, das ab und zu zu tun. Ohne andere Menschen weiß ich ja gar nicht, wer ich wirklich bin.

Ein kleines Unbehagen guckt um die Ecke. Was ist, wenn ich nicht mehr alleine leben kann? Werde ich im Zweibettzimmer landen? Schreckliche Vorstellung. Ich bekomme eine Gänsehaut und denke schnell, dass das Denken jetzt aber wirklich zu weit geht und völlig unsinnig ist.

Meine Güte.

Jetzt ist Donnerstag und es geht mir gut. Tagespflichten sind erledigt und die Wäsche hängt, wo sie hängen soll. Nebenan im Mohn tobt das Leben. „Denk nicht zu viel, lebe!“, sagt eine kleine Stimme. Na gut, denken gehört zum Leben. Aber es gibt noch mehr. Ich hole meinen Fotoapparat.

Spatzenauflauf

Meine Güte, Spatzen machen Lärm. Den ganzen Tag sind sie heute zugange. Was ist denn da bloß los? Ach so, Betriebsausflug. Die Großen mit den Kleinen. Und die Kleinen können schon selbst, wollen aber auch noch gefüttert werden von den Alten. Leider bleiben sie nicht, sobald ich die Nase in den Garten stecke. Ich fotografiere sie also von drinnen. Nicht wirklich gut gelungen sind die Fotos, aber ich zeige ein paar von ihnen trotzdem, denn das sieht man nicht alle Tage, so einen Spatzenauflauf.

Und die Grünfinken bekommen nichts mehr ab vom Futter……

Gedanken und Sein

Der Nahdranson und seine Freundin verbringen das Wochenende beim Weitwegsohn und seiner Frau in der großen, großen Stadt. Ich habe gelernt, nicht immer mitmachen zu wollen. Das heißt, eigentlich will ich IMMER dabei sein. Das darf ich auch wollen. Aber ich WILL mich auch zurückhalten, sie machen lassen. Es ist schön, dass sie sich treffen, meine vier liebsten Menschen dieser Welt. Doch ja, ich kann das gut aushalten. Daran habe ich hart gearbeitet! Und erfolgreich. Jetzt schicke ich fröhliche Gedanken in Richtung Kinder, vergesse sie und gucke, was es heute Schönes für mich gibt. Spargel zum Mittagessen, mit Räucherlachs und statt Kuchen am Nachmittag Erdbeeren-satt. Sündhaft teuer, waren sie, wirklich, kaum zu glauben. Nun müssen sie aber auch besonders gut schmecken. Das habe ich mir vorgenommen. Es wird spektakulär!

Ich muss noch 40 Euro überweisen. Ich passte auf der Reise nach Dänemark einmal nicht auf. Sie haben mich zum ersten Mal im Leben erwischt und geblitzt, weil sie das Gerät wirklich an einer fiesen Stelle aufbauten. Gemeinheit. Meine Familie lacht sich kaputt: Muttern ist zu schnell gefahren! Ist das denn die Möglichkeit? Ja.

Ich will meine körperlichen Baustellen in diesem Jahr noch ein wenig reduzieren. Eine OP steht an. Frauengeschichten. Ich bereite mich mental vor, weiß sogar, und habe es auch ausprobiert, wie ich ohne Taxi das Krankenhaus in Salzwedel erreichen kann, ohne mit dem Auto durch die ganze Stadt zu fahren. Dabei muss ich erst im Juli zur Vorbesprechung. Ich versuche ständig, mich zu distanzieren, aber eine gewisse Unruhe macht sich ab und zu trotzdem breit. Sie hält sich noch in Grenzen und kann gut weggeschoben werden, nachdem ich alles durchdacht habe. Ich weiß, warum das so ist mit mir: es lebt sich nicht immer so leicht, wenn neue Herausforderungen bewältigt werden müssen. Früher war es angenehmer, als ich noch zu zweit war und körperlich nicht so eingeschränkt.

Heute ist es draußen richtig warm und ich werde mich gleich mit dem Fahrrad bewegen, aber sowas von! Was für ein Glück, dass ich das wieder kann! Ich freue mich richtig, denn das Wendland zeigt sich von seiner schönsten Seite und mein Garten will mithalten:

Dasein

Dasein

Müßiggang

Bauchgefühl

Blick und Gedanken

schweifen lassen

treiben lassen

Vogelsang

und Kuckucksruf

Gelb

und

Gelbgrün

Jadegrün

Anisgrün

Wassergrün

Smaragdgrün

Frühlingsgrün

Schattengrün

Himmelsgrün

ach nein

das nennen wir ja Blau

und der Wind

vertreibt

die Einsamkeitsgefühle

im großen Mai

ich spüre ihn

mit allen Sinnen.

Baustelle

Dies war einmal mein alter, gemütlicher Supermarkt. Jahrelang versorgte er mich und meine Familie mit allem, was wir brauchten. Samstags gab es immer Brötchen. Mein Mann und ich genossen ausgiebig das gemeinsame Frühstück, während die Pubertierenden ausschliefen.

Vorbei.

Hier soll nun ein neuer, großer, moderner Supermarkt entstehen. Alle machen das so: Abreißen und neu bauen.

Muss das sein?

Meine Vergangenheit scheint ähnlich auszusehen. Ich fühle es so und kann nur Müll entdecken. Ich komme nicht weiter.

Was ist übrig geblieben? Wie kann ich mich bewegen? Was will ich neu aufbauen? Will und kann ich das überhaupt? Reichen die Kräfte?

Will ich den Müll wegschaffen oder erhalten? Mich vielleicht nach oben setzen mit Sonnenschirm, Kaffee und Kuchen? Oder schaffe ich Platz? Oder ändere ich einfach die Erinnerungsfarben und finde mich ab mit neuer Energie?

Ich trete einen Schritt zurück. Der Blick wird weiter, es gibt viel zu entdecken. An der Baustelle und im Leben. Ist ja interessant, was ich hier alles sehe, das vorher aus diesem Blickwinkel unsichtbar war.

Vielleicht wird der neue Supermarkt ja ganz schön.

Ich bin wieder Zuhause im Jetzt angekommen. Ich mache es mir gemütlich, ganz für mich allein. Was morgen ist, weiß ich nicht. Anders auf jeden Fall.