Der Saal ist gut gefüllt mit allem, was das Herz begehrt. Zahlreiche Menschen feiern und ich fühle mich wohl. Als das Fest zu Ende geht, packe ich meinen Koffer ins Auto und will nach Hause fahren. Mir fällt ein, dass ich für das Aufräumen zuständig bin und die Verantwortung für eine saubere Übergabe trage. Also beginne ich zu räumen und bitte um Hilfe. Aber niemand hört mich, ich räume und räume, doch die Müllberge werden immer größer. Ich komme nicht dagegen an. Und ich will doch schnell nach Hause! Ich weiß nicht, wohin mit all dem Zeugs. Als ich es schaffe, wenigstens einen Tisch zu säubern, bin ich froh. Es scheint vorwärts zu gehen. Ich bin müde, aber es muss ja noch bis morgen fertig werden und ich bin verantwortlich. Also putze und räume ich weiter, obwohl ich mich völlig ausgelaugt und kraftlos fühle.
Erschöpft wache ich auf. Ja, solche Träume kenne ich schon. Sie tauchen immer dann auf, wenn sich die Welt verändert und mein Inneres in Unordnung gerät, weil es nicht so schnell hinterherkommt. Sie bedeuten, dass ich meine Strategie, wie ich am besten durch die Zeiten komme, überdenken muss, damit ich nicht am Boden bleibe und mich weiterhin bewegen kann.
Ich will jetzt gar nicht darauf eingehen, dass einige Leute in meiner nächsten Umgebung meinen, dass unsere „Lügenpresse“ die Wahrheit auch zum Thema Krieg und Putin schon wieder verdreht und einseitig berichtet. Nein, damit setze ich mich nicht auseinander, denn ich erlebe das ganz anders. Auch in den Öffentlich-rechtlichen Medien werden unterschiedliche Sichtweisen diskutiert und ich kann mir selbst eine Meinung bilden und diese auch äußern. Ich habe hier keine Lust zum Meinungsaustausch, ob Putin nun recht hat oder nicht. Jeder kann denken, was er will und jede auch.
Ich möchte aber erzählen, wie es mir geht. Ich bin furchtbar traurig und wütend über die Berichte aus der Ukraine. Das Leid macht mich fassungslos. Natürlich gab es schon immer Kriege und Not, aber dieses hier hat für mich eine andere Qualität, weil ich mich persönlich bedroht fühle. Ich mache mir große Sorgen und fürchte, dass sich der Krieg ausweitet. Noch nie habe ich gehört, dass so deutlich mit einem Nuklearkrieg gedroht wird, wie vorgestern. Ich nehme das ernst und denke: „Das kann passieren.“
Die letzten zwei Tage hatte ich das Gefühl, dass ich nicht mehr kann. Aber Aufgeben ist jetzt keine Option und ich will mich aus der inneren Erstarrung wieder herausarbeiten. Und so begann ich in meinen Träumen mit dem Aufräumen. Bisher fand ich für mich immer eine Strategie, weiterzumachen und mein Leben auszukosten. Zur Zeit weiß ich noch nicht, wie das gehen soll. Ich weiß aber, dass ich nichts tun, nichts ändern kann. Ich bin so machtlos, wie ich mich fühle. Ja, es gibt die Möglichkeit für die Flüchtenden zu spenden. Das werde ich auch tun, aber groß ändern kann ich auch damit nichts. Also werde ich die Zeit, in der ich mich mit dem Krieg beschäftige, einschränken. Ich werde mir Auszeiten nehmen, mich beschäftigen und an ganz andere Dinge denken. Ich will wahrnehmen, was es in meiner Nähe Schönes gibt. Dabei helfen mir Fahrrad, Fotoapparat, Frühling und Sonne. Ich werde mich gleich durch den Tag treiben lassen. Diese Strategie hat bisher immer geholfen. Und es gibt ja auch noch die Hoffnung, dass es für uns hier nicht zum Schlimmsten kommen muss. Ja, die will ich nicht vergessen.