Viele Männer und Frauen fühlen sich zu dick. Manchmal sind sie es auch. Abnehmen wollen fast alle. Manchmal haben sie es tausendmal probiert. Manchmal mit Erfolg. Manchmal nehmen sie nach dem Erfolg schnell wieder zu, weil der Körper es so will oder weil sie zu viel essen oder weil sie sich zu wenig bewegen oder weil es so ist wie es ist. Egal. Unzufrieden mit sich versuchen sie es manchmal immer wieder.
Wir kennen das. Im wunderbaren Roman „Ferien auf Saltön“ las ich gestern eine meiner Lieblingsstellen, über die ich mich immer wieder köstlich amüsiere. Ich lasse Euch hier teilhaben, wenn Ihr Lust dazu habt:
Die dicke Emily beschloss ihr Leben zu ändern und endlich abzunehmen, am liebsten zehn Kilo bis zum nächsten Freitag. Sie besuchte eine Abnehmgruppe im Verein „Freunde -Dich-mit-deinem-Körper-an“, den Celine im Rosa Haus anbot. Die Schaufenster des Hauses wurden von riesengroßen Bildern mit lachenden und laufenden Menschen in Sporttrikots ausgefüllt. Schmal wie Bleistifte, aber mit riesengroßen weißen Zähnen. Auf giftgrünen Pfeilen stand, wie viel diese Menschen zuvor gewogen hatten und wie viel weniger sie jetzt wogen, da sie so große Zähne bekommen hatten. (S. 201)
Nach dem Wiegen am zweiten Abend geschah Folgendes:
„Heute werden wir über das Kummeressen reden“, sagte Celine und sah zu Emily. „Wir werden unterschiedliche Dinge und Möglichkeiten finden, mit denen wir uns trösten können, ohne Essen…“
„….oder Bier“, fügte Christer hinzu, und die junge Riesendame neben ihm sah ihn bewundernd an.
Celine ging zum Flipchart und schrieb mit kindlichen Buchstaben:
Einen Freund anrufen.
Eine Zeitung lesen.
Ins Kino gehen.
Einen Spaziergang machen.
Alte Fotos sortieren.
„Ich möchte, dass ihr euch selbst fünf Sachen ausdenkt……Ihr habt sicher andere Lieblingsbeschäftigungen, vielleicht mit eurem Hund Gassi gehen oder anstelle des bösen kleinen Schokoladenstücks, aus dem so schnell zwei oder drei werden, eine Handarbeit hervorholen.“
Emily drehte den Stift in der Hand. Die anderen beugten sich bereits wie eine gut erzogene Schulklasse über ihre Blätter. Servierten falten!, schrieb sie resolut, strich es aber sofort wieder durch. Nicht gut. Hochgestochen, altmodisch und mit Essen verbunden.
Blomgrens Hemden bügeln. Sie seufzte.
Goethe lesen.
Neue Küchengardinen nähen.
Einen Feind anrufen (Johanna?)
Sie sah aus dem Fenster. Was könnte denn besser sein als ein Stück Prinzesstörtchen? Nichts, was sie sich vorstellen konnte. Da landete ein zusammengefalteter Zettel auf ihrem Schoß. Als sie auf sah, bemerkte sie, dass Christer sie fröhlich anlächelte und ihr bedeutete, dass sie ihn lesen sollte. Als ob ihr noch niemals jemand so ein Briefchen geschickt hätte. Sie öffnete und las seine gestochene Handschrift: Meine Briefmarken ansehen?
Emily sah nicht mehr auf. Sie steckte sein Brieflein in die Tasche und fuhr mit ihren eigenen Vorschlägen fort, die sie hinterher wieder strich.
Rosen trocknen.
Die Garage putzen.
Ein Bad nehmen.
Einen Brief nach Afrika schreiben.
Fettwülste zählen. (S. 244)
PS: Blomgren ist Emilys Ehemann, Johanna seine Geliebte und ihre Tochter missioniert in Afrika.