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Du hast einen 100-tägigen Lauf auf Regenbogen und Freudentränen!
Bevor ich mit meinen ernsthaften Gedanken fortsetze,  gibt es erst einmal eine kleine Belohnung!

Und nun zu meinen Gedanken:

Als ich von der Pandemie der erste Mal etwas hörte und las, nahm ich sie nicht ernst. Sie war weit weg. Ich ließ die Informationen an mir vorbei rauschen und verstand nicht wirklich, worüber berichtet wurde. Ich hatte andere Pläne.

Das erste Mal setzte ich mich hier im Blog am 13. März mit Corona auseinander. Ich erwähnte das Wort schon vorher, nahm es aber immer noch nicht so wichtig, hatte keine  Ahnung und wollte mich auch nicht damit belasten. Mich wird es sowieso nicht betreffen.

Dachte ich.

Ich wusste nicht, dass sich so viel Selbstverständliches von heute auf morgen verändern kann. Das wird Euch ähnlich ergangen sein.

Vor hundert Tagen begann ich dann, mich jeden Tag im Regenbogen zu melden. Und morgen ist damit Schluss. Oder auch nicht. Kann ich heute noch nicht wissen, ob ich nicht doch morgen Lust dazu habe, etwas zu veröffentlichen. Ich mache keine langfristigen Pläne mehr!

Das regelmäßige Bloggen gab mir Struktur. Ich hatte jeden Tag einen Anlass, mir zu überlegen, was mir gerade wichtig war. Ich erfand meine Mutmachbilder, um mir Anker zu setzten in einer Realität, die mir so unwirklich erschien. Das Schreiben gab mir Halt, aber auch das Lesen in Euren Blogs war plötzlich richtig wichtig und hilfreich geworden.

Die ersten Wochen waren die heftigsten. Ich lebe allein, aber von einem Tag auf den anderen war ich es dann auch wirklich. Wobei ich weiß, dass wir alle vor großen Herausforderungen standen und meine waren noch nicht die größten. Trotzdem: Allein allein zu sein ist nicht immer einfach gewesen. Mir half das Schreiben, Fotografieren, Lesen und natürlich ganz besonders das Telefonieren mit meinen Lieben, entfernten Bekannten und früheren Freunden. Meine Söhne meldeten sich wöchentlich. Regelmäßigkeit war von großer Bedeutung. Ich konnte mich darauf verlassen. Das stärkte mein Zugehörigkeitsgefühl wieder, welches allmählich zu verschwinden drohte.

Mehr als hundert Tage ohne jegliche Berührung und mit Abstand sind vergangen. Doch ja, ich habe mich daran gewöhnt, aber Berührungen und Nähe fehlen mir schon sehr. Manchmal denke ich sie mir aus, das soll helfen. Aber wirklich schön ist es nicht.

Und dann der Gesichts -Nasen -Schutz! Ist Routine geworden, aber immer noch lästig. Zum Glück wohne ich ländlich und brauche ihn nur zum Einkaufen. Wisst Ihr noch, wie plötzlich das Hamstern anfing?  Ist noch gar nicht so lange her.

Die Pandemie verlief für mich glimpflich. Meine Lieben sind alle gesund und weiterhin in ihren Berufen tätig. Ich durfte jederzeit an die frische Luft. Ich kann mit der Corona-Realität hier ganz gut umgehen und verschiebe meine Reisen und sonstigen Vorhaben auf später. Ist nicht so schlimm.

Jetzt sind wir mitten im Ausstieg und der fällt mir fast genauso schwer, wie der Lockdown. Staunend sehe ich den Menschen zu, die sich ganz locker ohne Abstand treffen und Vergnügen haben, sich mitten im Pulk aufzuhalten. Das gelingt mir nicht. So, wie ich schon eine Woche vor den allgemeinen Verfügungen mit meinem privaten Lockdown begonnen hatte, steige ich auch im eigenen Tempo wieder aus. Ist nicht so einfach! Den Ausstieg hatte ich mir übrigens ganz anders vorgestellt. Das liegt daran, dass ich hoffte, dass der Virus eines Tages eben verschwindet und weg ist. Ganz schön naiv. Der Gedanke daran, mit dem Virus zu leben und sich auf ihn einzustellen, nimmt allmählich Formen an.

Die Welt hat sich verändert. Vieles, was ich in den Nachrichten und Berichten sehe, ist beängstigend, einiges ist skurril, völlig absurd und das meiste war für mich vor einem halben Jahr noch völlig undenkbar. Ich selbst verändere mich und zwar ziemlich schnell. Vielleicht verändert sich auch im großen Ganzen etwas zum Positiven. Wer weiß, wohin uns die nächste Zeit führt.

Aufregende Wochen liegen hinter mir, einige meiner Gedanken und Gefühle kann ich in meinen letzten hundert Beiträgen noch einmal nachvollziehen. Vielleicht gestalte ich ein Buch: Meine ersten 100 Tage in der neuen Wirklichkeit. Oder so ähnlich.

Ein Corona-Ausstiegstagebuch in hundert Beiträgen ohne Unterbrechung wird es nicht geben. Ich werde locker……und in einer Woche 68!

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Luxus

Was habe ich es schön! Wenn ich morgens mein Schlafzimmerfenster öffne, sehe ich als erstes meine Terrasse. In diesem Jahr liebe ich sie mehr und ganz besonders. Mein kleines Paradies, mein Lese-und Besuchszimmer. Manchmal lege ich Auflagen und Kissen auf die Bänke, nehme den Garteneimer weg und lasse meinen Besuch dort sitzen, so lange er will. Draußen ist nicht so gefährlich wie drinnen. Dass ich so etwas einmal denken werde, wenn geliebte Menschen bei mir sind, hätte ich mir auch nicht träumen lassen. Ihr kennt das, oder?

Hier zu sitzen ist schön. Meine Gartenvögel kennen mich und manche leisten mir Gesellschaft. Besonders die Amseln sind so zahm, dass ich manchmal denke, sie springen mir eines Tages auf den Schoß. Von der kleinen braunen Ratte, die eines Tages die Terrasse querte, während ich meinen Salat löffelte, will ich lieber nichts erzählen. Ich gab blitzschnell das Vogelfüttern  auf und seitdem wurde auch kein vierbeiniges, langschwänziges Getier mehr gesichtet.

Also, ich halte mich zu und zu gerne hier auf. Jedenfalls bis mittags. Mittags  knallt die Sonne und auch die Sonnenschirme verhindern es nicht, dass mein Wohlfühlort Backofenqualitäten entwickelt. Dann suche ich mir ein schattiges Plätzchen im winzigen Garten. Einen Campingstuhl kann ich dort immer noch unterbringen. Sogar zwei plus Campingtisch, falls Besuch da ist. Selten der Fall, aber möglich.

Im Moment ziehe ich mich allerdings mittags ins Haus zurück, ziehe die Jalousien runter und verharre in Sommerhitzestarre. Lesen geht gerade noch. Und ein Schläfchen ist dann auch erlaubt. Alles über 24 Grad ist mir zu viel. 33 Grad ist indiskutabel! Also wirklich!

Doch ja, ich lebe ein gutes Leben. Sogar bei Hitze. Ich war die meiste Zeit meines Lebens berufstätig, meist mit reduzierter Stundenzahl, aber meine Bilanz sieht trotzdem prima aus. Meine Eltern haben darauf gedrungen, dass ich studiere, obwohl ich das gar nicht wollte, als brave Tochter aber dann doch tat. Und weil ich darauf verzichte, mich im geliebten Nordfriesland niederzulassen, weil ich hier bleibe, wo es ja auch schön ist, nur eben ohne Meer, dafür aber die Mieten gut bezahlbar sind, habe ich ein absolutes Luxusleben.

Es gibt Menschen, die mir das nicht glauben. Sie denken, das kann nicht sein, dass jemand mit so alten Möbeln und schiefen Sitzgelegenheiten aus Plastik auf der Terrasse und dem Auto ohne jeglichen Komfort und mit ohne echten Schmuck und Handtaschen ein Luxusleben führt. Von denen lasse ich mich nicht mehr beirren. Ich genieße meinen ganz individuellen Luxus. Und ich bin dankbar, dass ich noch klar denken kann. Dass meine Augen noch fast alles mitmachen auch mit künstlichen Linsen beidseitig und Hornhautverkrümmung rechts. Meine Polyarthrose ist beschwerlich, aber ich kann mit ihr noch ganz gut und selbständig leben. Altwerden ist eben kein Kindergeburtstag!

Ich mache es mir schön. Ganz alleine für mich. Wenn es dunkel wird und auf meiner Terrasse die bunte Solar-Lichterkette anspringt, wird es sogar richtig romantisch. Ich sitze dann manchmal draußen und die Mondsichel leistet mir Gesellschaft. Gestern zischte eine zauberhaft langlebige Sternschnuppe quer durch mein Sichtfeld. In solchen Momenten stelle ich fest, Romantik geht auch alleine. Ist anders schön.

Und jetzt gehe ich mit meinem Buch nach draußen, denn noch ist es relativ kühl auf meiner Terrasse.

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Große kleine Welt

Große kleine Welt

Wie klein die Welt für mich doch geworden ist. Ich komme nicht mehr herum und treffe wenige Menschen. Keine Termine, keine Erwerbstätigkeit, keine Reisen, aber viel FastNichts. Die Zeit fühlt sich anders an als vor ein paar Monaten, irgendwie verdichtet und doch zieht sie sich.

Und draußen überschlagen sich die Ereignisse.

Aber eben nicht bei mir. Hier herrscht reger Stillstand. Nachrichtenwert: Null. Ich könnte von meiner Wäsche erzählen, die auf der Leine im Freien trocknet, oder vom Auto mit den neuen Felgen. Oder vom Badezimmer, das gleich geputzt werden wird. Ich könnte erzählen von meinen täglichen Radtouren. Oder vom neuen Leseplatz hinten im Garten, weil die Terrasse im Juni zum Backofen mutiert, wenn die Sonne scheint.

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Ich könnte erzählen von seltenen Besuchen und vom ewigen Vorsatz, etwas Bauchumfang zu verlieren. Meine Biokiste wäre ein Thema und mein nicht vorhandener Sport. Von meinen Gebrechen könnte ich erzählen und es kommen immer neue dazu. Aber wen interessiert das denn wirklich, ob bei mir ein Sack Kartoffeln umfällt oder ob ich gar keinen habe?

Meine Gedanken hingegen arbeiten fleißig und scheinen sich immer mehr auszuweiten. Ich habe den Eindruck, sie verankern mich im Leben, auch wenn ich gerade nicht so viel erlebe. Und doch fühlt es sich so an, als ob ich in den letzten Monaten mehr durchmachte als üblich. Ja, was denn nun? Beides. Rein physisch trete ich ziemlich auf der Stelle, die Psyche macht hingegen richtig viel durch, ist lebendig bei der Sache und schenkt mir die Abwechslung, die ich mir sonst im Außen verschaffte. Und sie macht es sehr gut, finde ich.

Ich dachte heute morgen schon schlaue Gedanken. Ich dachte, dass jeder Mensch einen Geburtstag hat und irgendwann auch einen Todestag. Weil gestern mein geschiedener Mann Geburtstag hatte und eben auch sein Todestag naht. Ich philosophierte über den Lauf des Lebens. Und dachte darüber nach, was bleibt.

Und bevor ich jetzt anfange, mich über dieses Thema hier lang und breit auszulassen, berichte ich lieber kurz über die geplante Familienaufstellungs- Jahresgruppe! Das ist dann doch etwas Handfestes, vielleicht ohne wirklichen Nachrichtenwert, aber immerhin etwas, zu dem ich mich physisch hinbewegen werde. Im Juli wird es wahrscheinlich ein Treffen geben. Mit der halben Gruppe und das auch nur für einen Tag. Mit Abstand, viel Luft und häufiges Lüften und es wird ganz anders sein als sonst. Darauf freue ich mich. Es wird sich fremd anfühlen, nach so langer Zeit mit so vielen Menschen, die nicht zum Familien-und Freundeskreis gehören, zusammen zu sein. Obwohl mir ein wenig flau ist bei diesem Gedanken, werde ich  teilnehmen und mich vermutlich trotzdem sicher fühlen. Es kommt eine spannende gemeinsame Gedanken-und Gefühlsarbeit auf uns zu und dafür brauche ich mich nur zwei Kilometer weit weg zu bewegen.

Doch ja, meine kleine große Welt fühlt sich gerade richtig gut an.

 

 

 

Welt retten

Welt retten

Was soll ich dazu sagen, wenn zwischen Bevölkerung und Arbeitnehmern unterschieden wird, um die Fallzahlen herunterzurechnen? Wieso ist es möglich, unmenschliche Arbeitsverhältnisse über Jahre zu kennen und zu tolerieren? Wieso ist es normal, die Armut anderer Nationen auszunutzen und billig produzieren zu lassen? Warum bleiben wir am Überkonsum hängen, obwohl wir genau wissen, wozu das führt?

Ja gut, das sind keine neuen Fragen und ich bin ja nicht dumm. Ich diskutiere darüber schon seit Studententagen. Damals, vor etwa hundert Jahren, schlugen wir uns die Nächte um die Ohren, um uns gegenseitig unsere Meinungen zu bestätigen. Andere Gesprächspartner kamen nicht infrage, denn wir waren die Guten und wollten unter uns bleiben. Wir wollten die Welt retten und waren fest davon überzeugt, dass es gelingen würde. Heute diskutiere ich immer noch gerne, bevorzugt mit Menschen, die sowieso schon meiner Meinung sind. Andere leben anders und finden sich in meinen Welten so wenig zurecht, wie ich in ihren.

Ich lebe ganz bequem so, wie ich lebe und will das auch fortsetzen. Nur Corona macht mir gerade einen Strich durch die Rechnung. Althergedachtes funktioniert nicht mehr so gut. Ich will weiterhin mein Leben genießen. Ich will das beste aus meiner Situation machen. Ich will flexibel bleiben. Und ich will ……Ja, was eigentlich? Politisch aktiv werden und handeln statt zu diskutieren? Nein, das führt jetzt in eine anstrengende Richtung.

Ich will mich lieber mit meinen Gewohnheiten und Denkmustern auseinanderzusetzen. Damit habe ich genug zu tun. Vielleicht bewirke ich damit etwas im Kleinen. Vielleicht verändere ich mich, weil ich einigen Denkfallen auf die Schliche komme.

Werte ich hin und wieder Menschen in meinen Gedanken und Taten ab? Ja.

Will ich das ändern? Ja. Ich erkenne diese schädlichen Gedanken heute viel schneller als noch vor einigen Monaten. Ich stelle sie ab und siehe da, mein Blick weitet sich. Ich nehme wahr, wie unfreundlich ich häufig über mich selbst denke. Diese blöde Selbstabwertung ist viel schwerer abzustellen, aber ich bleibe dran.

Passend dazu lese ich zum dritten Mal den Roman Ausnahme von Christian Jungersen. Die Geschichte regt mich auf. Sie macht mich wütend und traurig. Ich bin sauer darüber, dass die Protagonistinnen immer wieder den selben Mist anstellen. Als ob sich ein Roman verändern könnte, nur weil ich ihn mit anderen Augen lese.

Nein, ein Roman wird sich nicht verändern, wenn er nicht umgeschrieben wird. Mit den schädlichen Gedanken verhält es sich wohl ähnlich. Sie verändern sich nicht, wenn ich nicht daran arbeite. Die Welt werde ich damit nicht retten, aber vielleicht ändert sich mein Umgang mit mir. Und vielleicht hat das positive Auswirkungen auf meine unmittelbare Umwelt.

Das kann ich immerhin tun.

Heute ist mir danach

Ab und zu brauche ich ihn, den Hubert! Heute ist so ein Tag…..

Iawaramoi

H. v. Goisern

Buama stehts z’sam in kroas
i sag enk wos i woas
zünd’s enk a Pfieferl an
der’s raucha kann

in der Zeitung do kannst lesen wos is gwesen
aber obs wahr is, is net gwiss
weil liagn tuat heit jo sowieso scho a jeder
und der was nit liagt des is da allerbläder
a bua bringt sein vatern um und a sei mutter
und a schwester de dawürgt grad ihr’n bruder
serben und krawatn schiassen a schon wieder
i moan i halt des nimmer aus i sauf mi nieder

in an beisel zett da Haider wie a pfarrer
auf de obizahrer und de schwarzfahrer
kommunisten und ganze packlrass
der sagt eanas eini des is klass
derweil er so schen schimpft der ex-goiserer
sterbn tausend leut‘ drunt in afrika
aber mia hab’n zum fressen und zum saufen gnua
schaun ma daß so bleibt und drahn ma d’hüttn zua

iawaramoi geht oana auf und sagt jetzt scheiß i drauf
jetzt hab i gnua, i wüll mei ruah; und
iawaramoi da nimmt er dann sei gwehr und sagt zu wem:
geh her du depp i blos di aus de schuah!
iawaramoi do fliagt a bomben von der rechten seiten
des san zeiten alle streiten
iawaramoi do fragt mi dann mei bua:
he vater sog ma nur
wer san de bled’n wer die gscheit’n?

ob krawaten oder serbn
alle müaßen sterben
ob serb oder krawat
um an jeden is schad

 

Und weil es so schön ist und ich nie genug davon bekomme:

 

Sommersonntag

Sommersonntag

Mein Schutzengel musste gestern gut auf mich aufpassen, als ich mit dem Objektiv den Sommer einfangen wollte. Verträumt und in mich gekehrt versäumte ich es zu bemerken, dass ich nicht alleine auf der Welt war. Nach dem dritten Schreckmoment war ich zum Glück in der Lage, mich wieder auf den Straßenverkehr zu konzentrieren. Nichts passiert!

Der Sommer ist einfach zu und zu schön, jetzt mit den moderaten Temperaturen! Hier also meine Sommersonntagsmomente. Und weil jeder Tag für mich ein freier Tag ist, kann ich sie gerne auch am Montag zeigen.

Hausarbeit und Denken

Hausarbeit und Denken

Ich bin so froh!

Ich bin nicht so!

Ich bin emanzipiert, gebildet, belesen, tolerant, menschenfreundlich, vorurteilsfrei und ganz bestimmt keine Rassistin.

Das sind die anderen, ich nicht. Basta.

Ich nehme meinen Staubsauger in die Hand und beginne zu saugen. Ich gehöre zu den Guten, da bin ich mir sicher.

Während ich putze, denke ich an die Zeit, in der ich aufgewachsen bin. Rassismus war normal. Frauenfeindlichkeit war normal. Männerfeindlichkeit auch. Menschenfeindlichkeit eben. Habe ich die Anschauungen und Bewertungen, die mir die Erwachsenen mit auf meinen Lebensweg gaben, wirklich alle abgelegt? Und prägten mich nicht moderne Vorurteile genauso wie die althergebrachten? Bin ich tatsächlich ausreichend gut?

Ich putze weiter und werde richtig sauer. Mir fallen so viele Kränkungen ein, die ich in meiner Vergangenheit hingenommen habe und heute noch hinnehme. Mehr noch, mir fallen etliche Kränkungen ein, die ich mir selbst und anderen zufüge. Nicht öffentlich, nein, ich denke die nur. Mädchen sollen nicht so vorlaut sein und hübsche junge Frauen darf Mann mit blöden Sprüchen in Verlegenheit bringen. Frauen sollen am liebsten schön sein, aber hübsch reicht auch. Schlank in jedem Fall, wenn sie liebenswert sein wollen. Frauen stehen in ständiger Konkurrenz zueinander und Mütter sind in Ordnung, aber am liebsten, wenn sie Haushalt und Beruf unter einen Hut kriegen. Wenn sie es nicht können, stimmt etwas nicht mit ihnen. Mit geschiedenen Frauen stimmt auch etwas nicht, Witwen hingegen verdienen Mitgefühl. Sie können ja nichts dafür. Geschiedene schon. Und wenn Frauen alt sind, wird der Hals faltig und ansonsten sind sie eben alt und uninteressant. Und so weiter und so weiter. Nein, so bin ich überhaupt nicht eingestellt, aber manchmal ploppen solche unwürdigen Gedanken (Relikte meiner Kindheit) auf. Die gehören jetzt endlich einmal auf den Müllberg meiner Geschichte. Oder einfach weg gesaugt. Wenn ich schon dabei bin und den Staubsauger in der Hand habe, kann ich das jetzt auch sofort tun. Keine dieser hässlichen Gedanken und Kränkungen darf mehr wirksam sein.

Wo soll das noch hinführen? Eigentlich wollte ich herausfinden, wie viel Rassismus in mir steckt. Und dann so etwas! Passt das überhaupt zusammen? Ich entscheide, dass das Erkennen und Hinterfragen meiner eigenen teils unbewussten für mich nicht mehr aktuellen Denkmuster sehr wohl zum Thema passen. Erst wenn ich in der Lage bin, diese zu verändern, ist es sinnvoll, mich mit meinem Rassismus auseinandersetzen. Beim Staubsaugen habe ich schon eine Menge Denkarbeit geleistet und die Wohnung ist jetzt auch wochenendtauglich. Gemütlich will ich es schon haben.

Nachdem ich nun genug über mein Frausein nachgedacht habe, nehme ich mir vor, mich um den Rassismus zu kümmern. Dafür lese ich den aktuellen Stern. Entschuldigt die Werbung, aber die Titelgeschichte gibt mir einen so interessanten Einstieg in das Thema, dass ich diese Ausgabe gerne empfehle. Später lese ich Deutschland Schwarz Weiß und dann sehe ich weiter.

Vielleicht gehöre ich doch zu den Guten, denke ich gerade. Muss auch mal sein.

 

Cerankochfeldputzcomputerkunst

Womit will ich mich befassen?

Was soll heute mein Motto sein?

Mir fällt nichts ein.

Heute schreibe ich nicht.

Heute putze ich.

Ich beginne mit meinem Cerankochfeld.

IMG_3985Oh, das ist ja fast eine Cerankochfeldputzkunst geworden.

Hier ein zweiter Cerankochfeldputzkunstversuch:

IMG_3986Und weil ich jetzt keine Lust mehr zum Putzen habe,

kreiere ich Cerankochfeldputzcomputerkunst!

So, das hat jetzt 10 Minuten gedauert. Das macht Spaß! Das gibt Kraft. Das möbelt mein Selbstbewusstsein auf. Das ist ein echtes Coronazeitvertreibsprodukt.

Putzcomputerkunst ist schneller gemacht als das blöde Putzen! Aber ohne Putzen hätte dieser Beitrag heute nicht stattgefunden.😂