34 Grad

Hinten im Garten

könnte ich Spiegeleier braten

auf dem Boden

und an der Wand

und alles ist still

nur ein Wasserlauf nebenan

klötert penetrant

vor dem Haus

halte ich es zwar kurz im Schatten aus

doch wer will hier

schon neben der Straße sitzen

und vor allen Leuten schwitzen

ich nicht

darum fotografiere ich ohne zu warten

meine diesjährigen Stockrosen vorne im Garten

die blühen in der Hitze auf

und dann setze ich mich drinnen

auf mein Sofa drauf

und warte auf Regen.

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Frühradeln

Frühradeln

Manchmal kann ich nicht weiterschlafen und ab und zu stehe ich dann auf und radle in den Sonnenaufgang. Noch zwitschern die Vögel ganz munter drauf los und auch der Kuckuck meldet sich etwas verhalten. Natürlich ist das auch ein Vogel, aber er singt nicht so, wie die anderen. Er ruft halt.

Ich denke an meinen Urlaub mit meinen erwachsenen Kindern und finde es lustig, dass ich nicht nur im Kinderzimmer schlafen werde, sondern auch im Kinderbett. Das ist mir beim Buchen nicht aufgefallen. Ich warte auf den Ärger und das Unbehagen. Sie kommen nicht. Stattdessen weiß ich, dass ich schon einen Schlafplatz finden werde, auf dem Sofa oder so. Nichts, auch Kinderbetten nicht, können mir gerade meine Vorfreude verderben. Gut so!

Sogar die Gedanken an das Autofahren stören seltsamerweise nicht. Das ist neu. Ich schaffe das, sagt mir eine innere Stimme. Keine Ahnung, wer das ist. Sie redet mir sogar ein, dass ich es auch zur Hochzeit nach Berlin schaffen könnte. 😲AUTOFAHREN in Berlin?!? Mein Nahdransohn und seine Sippe sind nicht begeistert. Sie wollen lieber Bahnfahren. Ich nicht. Meine innere Stimme sagt, dass ich doch vor ein paar Jahren heil durch Hamburg gekommen bin. Dann ist das doch keine Zauberei, es ins Hotel in Berlin- Weißensee zu schaffen. Und ich buchte dort sogar schon mutig und vorsichtshalber einen Stellplatz, falls ich tatsächlich so zuversichtlich bleiben sollte. Die anderen zögern……

Ach ja, die vierte Impfung habe ich gerade hinter mich gebracht, denn vor der Reise und vor der Hochzeit werde ich noch 70 und gehöre somit und endgültig zur vulnerablen Gruppe. Die erste Glückwunschkarte ist schon eingetroffen. Viel zu früh, aber liebevoll:

Wer will schon 70 sein? Ich nicht, denke ich beim Radfahren. Geschenkt! Natürlich bin ich froh, diesen runden Zehner zu erreichen. Nun bin ich eine von denen, die vielleicht bald mit ihrem Alter prahlt und sich freut, wenn die anderen sagen: „Waaas? So alt schon? Das hätte wir ja nicht gedacht!“ Ich fange hier auf dem Regenbogen ja schon damit an, fällt mir ein, und ich nehme mir fest vor, das zukünftig lieber sein zu lassen. Das denke ich, während ich munter weiter radle, die Gedanken ziehen lasse und mich ganz der Gegenwart widme. Alles andere kommt noch früh genug, oder?

Es ist nicht immer leicht

Es ist nicht immer leicht

Es ist nicht immer leicht, mich nicht einzumischen.

Es ist nicht immer leicht, bei diesem Wetter frisch und munter auszusehen.

Es ist nicht immer leicht zu akzeptieren, dass ich Menschen nicht verändern kann.

Es ist nicht immer leicht, Familie auszuhalten.

Es ist nicht immer leicht, auf Schmerztabletten weitgehend zu verzichten.

Es ist nicht immer leicht zu erkennen, dass wir im Ferienhaus zu wenig Betten für Erwachsene haben werden, weil ich den Hinweis, dass zwei Betten nur für Kinder geeignet sind, übersah.

Es ist nicht immer leicht, die Angst vor einem Krieg zu verdrängen.

Es ist nicht immer leicht, mit der Pandemie umzugehen.

Es ist nicht immer leicht, alleine zu sein.

Es ist nicht immer leicht, ich zu sein.

Nein, leicht ist das alles nicht.

Wenn alles leicht wäre, was wäre dann?

Ich denke, dann wäre es langweilig.

Und das wäre auch nicht immer leicht.

Sommerlektüre

Und nach drei Jahren Pause lese ich mal wieder und mit großem Vergnügen „Sommer auf Saltön“ von Viveka Lärn. Ich habe den Roman hier schon einmal vorgestellt:

Als ich die Menschen auf Saltön kennenlernte, war ich wirklich noch jung und fühlte ich mich den jungen Protagonistinnen verbunden. Die mittelalten kamen mir schon uralt vor. Heute bin ich selbst so alt wie die ganz Alten im Roman und stehe ihnen und ihren Problemen viel näher, als ich es mir je vorstellen konnte. Das ist nicht neu, aber dass sich beim Lesen meine Perspektive verschiebt, fällt mir so glasklar auf, weil ich dieses Buch so häufig gelesen habe und daher gut kenne. Und darum ist es sinnvoll, geliebte Bücher aufzuheben und immer mal wieder darin abzutauchen. Die Geschichten scheinen sich mit mir zu verändern.

Und lustig ist der Roman immer noch! Sommerlektüre wie für Garten und Strand gemacht! Auch an heißen Tagen.

Jetzt ist Schluss damit

Jetzt ist Schluss damit

Diese Buchbesprechung berührt mich: https://www.swr.de/swr2/literatur/ganz-schoen-wuetend-von-stefanie-reinsperger-der-mutige-versuch-das-wort-dick-zu-rehabilitieren-100.html.

Ich war als Mädchen und junge Frau extrem dünn, erinnere mich aber trotzdem an die abwertenden Bemerkungen über mein Aussehen noch genau. Dabei waren die Mädchen und Frauen viel strenger mit mir als die Männerwelt.

Ich bewertete übrigens andere Personen genauso schamlos und fand es ganz normal.

Ich erinnere allerdings auch, wie peinlich es mir war, wenn mir fremde Männer durch Pfeifen, anzügliche Bemerkungen und Gesten mitteilen wollten, wie ansprechend sie mich fanden. Das war ja noch viel schlimmer, als die negativ gemeinten Kommentare meiner Freundinnen. Es muss ausgehalten werden. Männer sind eben so. Ist ja als Kompliment gemeint. Ist nicht zu ändern. Ich fühle das ganz falsch. Ich sollte lockerer werden. So dachte ich.

Es war also beides irgendwie einschränkend: hübsch zu sein, den Männern zu gefallen und als potthässliches Entlein durch die Welt zu stolpern. Ich konnte beides.

Anstatt wütend zu werden, schämte ich mich. Mein Vater sagte regelmäßig zu mir: „Zwischen deine Beine kann man ja eine Sau durchjagen.“ Ich gab ihm recht und wollte mich anders haben. Meine Mitschülerinnen fanden mich zu groß und fanden noch sehr viel Hässliches und ich stimmte ihnen zu.

Später, nach der ersten Geburt, hatte ich mehr Bauch als sonst und meine beste Freundin sagte: „Den muss du loswerden, sonst ärgerst du dich ein Leben lang.“ Ja klar, wollte ich auch und wurde ihn doch nicht los, den Kugelbauch. Nach der zweiten Schwangerschaft gab ich auf und wurde dick.

Jetzt brauchte man mir nicht mehr zu sagen, wie hässlich ich war, jetzt wusste ich es von ganz alleine.

Erschreckend ist, dass die jungen Frauen heutzutage noch viel schlimmere Erfahrungen machen. Und ich bin sauer auf mich, weil ich die Abwertungen des Körpers immer als selbstverständlich hinnahm.

Ich werde mir das Buch kaufen. Ich habe noch viel zu lernen. Denn auch als bald ziemlich alte Frau habe ich noch viel an mir herumzumäkeln. Dabei weiß ich inzwischen genau, wie bescheuert das ist. Ich spüre gerade eine kleine Wut heranwachsen, die mir sagt: Was nehmen wir uns eigentlich heraus, unsere Körper so lieblos zu behandeln? Warum die Abwertungen und was gibt den Menschen das Recht, andere Menschen, so wie zum Beispiel die wunderbare Stefanie Reinsperger, zu beschimpfen und zu bedrohen, weil sie so sind, wie sie sind? Weil sie Frauen sind?

Ich mache ab heute Schluss damit!

Bald

Und plötzlich ist so viel zu bedenken und zu machen und zu tun. Termine rücken näher und es wird spannend. „Bald, bald, bald“, singt mein inneres Kind und bindet sich eine Schleife ins Haar. Butterlecker hieß das wohl einmal und nein, meine Erinnerungen trügen nicht: https://www.elke-droescher.de/museum/wasistdas/.

Abenteuer locken und ich könnte heute schon mal loslegen und ein kleines wagen. Irgendwas, vielleicht zum Schützenfestplatz gehen oder so.

34 Grad und schwül.

Nein, ich fange heute lieber doch noch nicht mit den Abenteuern an. Zu heiß für alles.

Aber tief drinnen beginnt Vorfreude zu perlen und meine inneren Stimmen purzeln munter durcheinander. Und während ich mich auf mein Buch konzentrieren will, finden sie, ich hätte lang genug gelesen.

Auf Männersuche?

Über 30 Grad und schwül. Die Sonne knallt schon um 9.30 Uhr und ich schlage mich so durch. Die Wetter-App gibt Hoffnung: Regen setzt in 158 Minuten ein.

Heute hat mein verstorbener (Ex) Mann Geburtstag und ich denke an ihn. Er ist jetzt bald vier Jahre nicht mehr bei uns. Immer, wenn ich mit meiner Gesundheit und meinem Alter hadere, denke ich, dass er mein Leben gerne in Kauf genommen hätte und ich schäme mich ein bisschen.

„Suche Dir jemanden, der sich zu dir setzt“, rät Wallanders Vater seinem Sohn Kurt. In einem anderen Film sagte eine Alleinstehende, dass ihr nachts im Bett jemand fehlt, der mit ihr atmet. Beide Aussagen beschreiben das Alleinsein ganz gut. Wie war es schön, als ich meinen Mann beim Einschlafen atmen hörte und wie sehr fehlt mir jemand, der neben mir sitzt und einfach da ist. Gerne ab und zu mal mit Berührungen. Die fehlen genauso wie die Intimität, die man mit einem Lebensmenschen entwickeln kann.

Na gut, dachte ich gestern, ich bin noch keine 70. Bald schon, aber heute nicht. Ich könnte noch einmal einen Versuch wagen. Und so meldete ich mich mal wieder in einer Single-Börse an.

Ich war noch nicht fertig mit meinem Profil als sich drei Typen meldeten und Sex wollten.😳 Ups. Ich hatte „Freundschaft Plus“ angeklickt, weil ich dachte, erst die Freundschaft und dann vielleicht das andere, wenn es passt. Diese drei wollten anders herum an die Sache herangehen und einer von denen schrie mich in seiner Mail förmlich an, war aggressiv und verkündete, er sei nicht geimpft. Schnell nahm ich „Freundschaft Plus“ wieder raus. Nur Freundschaft war nicht in der Auswahl, also brachte ich „Freizeit“ und „Gespräche“ ins Spiel. Bis jetzt keine Reaktion. Immerhin habe ich mal wieder was mit Männern erlebt. War nicht so schön und ich dachte, dass mir das nicht fehlt.

Ich bin wohl eher der Typ für reale Begegnungen. Und will ich wirklich einen neuen Partner? Manchmal ja, meistens bin ich zufrieden mit dem, was ist. Auch als ich meinen Mann atmen hörte und er neben mir saß, gab es Aspekte im Leben, die ich vermisste. Irgendwas ist ja immer.

Ich muss lachen über mich, bleibe aber eine Weile im Portal. Immerhin haben mich die Herren von gestern nicht verschreckt. Die sind eben so. Aber bitte ohne mich. Herzlichen Dank.

Fast Mittsommer 🌞

Sehr früh am Morgen ist es draußen am schönsten. Ich radle los und treffe die Berufstätigen, die zur Arbeit eilen. Alle grüßen fröhlich und die Tierwelt ist auch putzmunter. Vögel zwitschern, der Kuckuck ist noch im Lande und meldet sich. Überall wird fleißig Futter gesucht und in Lüchow wird fleißig Kunst ausgestellt. Die Luft perlt wie Sekt und ich tanke Frische, denn schon bald wird es drückend heiß werden. Dann mache ich zu Hause die Schotten dicht.

Mir geht es doch gut

Die Pandemie ist irgendwie vorbei und doch nicht wirklich (siehe z. B. China), Lieferketten brechen weg, die Wirtschaft kommt ins Stocken, Gas wird knapp, Kohlestrom wird wieder salonfähig, Hitzewellen kommen auf uns zu, die in der Zeitung heute mit Badewetter schöngeredet werden, der Krieg wütet, in einem Berliner Schwimmbad kloppen sich über hundert Menschen wegen Wasserpistolen, hier wird das Schützenfest gefeiert und wir zeigen damit dem Spielverderber Putin die kalte Schulter (wird von Schützenbrüdern stolz verkündet), die Inflation galoppiert, die Züge sind voll, die Flughäfen überfordert und und und. Ja, und nachdem ich gestern die „Recyclinglüge“ (nicht neu, doch mein Gewissen wasche ich mir mit der Mülltrennung rein) ansah, habe ich keine Lust mehr, mich mit Hoffnung zu beschäftigen. Ich komme gerade vom Einkauf und statt mich über die Plastikverpackungen oder die teuren Lebensmittel aufzuregen, freue ich mich, dass ich den Mut hatte, das erste Mal im Leben mit Karte zu zahlen. Weil ich ja, wie fast alle anderen auch, bald in den Urlaub fahre. In Dänemark geht fast alles über Karte, habe ich gelesen. Ich wollte das wenigstens einmal vorher ausprobiert haben.

Die meisten Menschen hierzulande wissen, wie ich, Bescheid. Trotzdem ändern wir, wenn überhaupt, nur ganz minimal unseren Lebensstil. Wenn wir es uns leisten können, wollen wir „weiter so“! Wir laden seit vielen Jahrzehnten große Schuld auf uns. Damit kommen wir gut klar, weil wir nun mal sind, wie wir sind.

Ich auch. Und die teuren Kirschen, die ich mir heute gönnte, werden mir gut schmecken. Denn mir geht es ja gut.

Recyclinglüge: (https://www.ardmediathek.de/video/dokus-im-ersten/die-recyclingluege/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3JlcG9ydGFnZSBfIGRva3VtZW50YXRpb24gaW0gZXJzdGVuL2YwMTFjNmY0LTc1MGUtNDc5Mi1iZDgyLWRkZDM4YTNhMWU4Yw