Diese Buchbesprechung berührt mich: https://www.swr.de/swr2/literatur/ganz-schoen-wuetend-von-stefanie-reinsperger-der-mutige-versuch-das-wort-dick-zu-rehabilitieren-100.html.
Ich war als Mädchen und junge Frau extrem dünn, erinnere mich aber trotzdem an die abwertenden Bemerkungen über mein Aussehen noch genau. Dabei waren die Mädchen und Frauen viel strenger mit mir als die Männerwelt.
Ich bewertete übrigens andere Personen genauso schamlos und fand es ganz normal.
Ich erinnere allerdings auch, wie peinlich es mir war, wenn mir fremde Männer durch Pfeifen, anzügliche Bemerkungen und Gesten mitteilen wollten, wie ansprechend sie mich fanden. Das war ja noch viel schlimmer, als die negativ gemeinten Kommentare meiner Freundinnen. Es muss ausgehalten werden. Männer sind eben so. Ist ja als Kompliment gemeint. Ist nicht zu ändern. Ich fühle das ganz falsch. Ich sollte lockerer werden. So dachte ich.
Es war also beides irgendwie einschränkend: hübsch zu sein, den Männern zu gefallen und als potthässliches Entlein durch die Welt zu stolpern. Ich konnte beides.
Anstatt wütend zu werden, schämte ich mich. Mein Vater sagte regelmäßig zu mir: „Zwischen deine Beine kann man ja eine Sau durchjagen.“ Ich gab ihm recht und wollte mich anders haben. Meine Mitschülerinnen fanden mich zu groß und fanden noch sehr viel Hässliches und ich stimmte ihnen zu.
Später, nach der ersten Geburt, hatte ich mehr Bauch als sonst und meine beste Freundin sagte: „Den muss du loswerden, sonst ärgerst du dich ein Leben lang.“ Ja klar, wollte ich auch und wurde ihn doch nicht los, den Kugelbauch. Nach der zweiten Schwangerschaft gab ich auf und wurde dick.
Jetzt brauchte man mir nicht mehr zu sagen, wie hässlich ich war, jetzt wusste ich es von ganz alleine.
Erschreckend ist, dass die jungen Frauen heutzutage noch viel schlimmere Erfahrungen machen. Und ich bin sauer auf mich, weil ich die Abwertungen des Körpers immer als selbstverständlich hinnahm.
Ich werde mir das Buch kaufen. Ich habe noch viel zu lernen. Denn auch als bald ziemlich alte Frau habe ich noch viel an mir herumzumäkeln. Dabei weiß ich inzwischen genau, wie bescheuert das ist. Ich spüre gerade eine kleine Wut heranwachsen, die mir sagt: Was nehmen wir uns eigentlich heraus, unsere Körper so lieblos zu behandeln? Warum die Abwertungen und was gibt den Menschen das Recht, andere Menschen, so wie zum Beispiel die wunderbare Stefanie Reinsperger, zu beschimpfen und zu bedrohen, weil sie so sind, wie sie sind? Weil sie Frauen sind?
Ich mache ab heute Schluss damit!