Meine lieben Leserinnen und Leser, ich begrüße Sie herzlich zum 19. Dezember. Schön, dass Sie wieder bei uns sind.
Nein, ich bin nicht Misi. Ich bin die Frau Holle. Misi hängt völlig platt in seinem Terrarium und kriegt die Augen nicht auf. Er kann nichts sagen und nichts denken. Die Sonne scheint viel zu hell und er hat Kopf- und Pfotenschmerzen. Ob ich nicht ausnahmsweise mal heute…..
Ja, gut, ich bin kein Unmensch. Obwohl ich der Meinung bin, wer feiern kann, kann auch schreiben. Aber Misi sagt nein, kann er nicht.
Es war ein Fehler, den Gestalten die Vorweihnachtsparty zu erlauben. Wenn so eine Weihnachtsbande erst mit Eierlikör, Weihnachtsbier und Rum ins Feiern kommt, kennt sie keine Grenzen mehr. Absprachen und Ruhezeiten werden vergessen und nicht mehr eingehalten. Lange nach Mitternacht feierten sie immer noch und ich hörte Misi laut und undeutlich einen Vortrag darüber halten, warum er ein Mann sei und beim Männertanz mitmachen müsse. Die Engel kreischten und es war überhaupt ein furchtbarer Lärm. Ich stand also auf, stieg die Treppe herunter und bat freundlich um Nachtruhe. Erst lachten sie über meine Strubbelhaare und mein Ansinnen. Sie tuschelten miteinander und jemand flüsterte mir zu, dass sie nur noch einen kleinen Absacker trinken wollen. Dann würden auch sie ins Bett gehen.
Ich sah noch nach den Engelkindern, die friedlich mit Xaver auf der Fensterbank lagen und schliefen. Ich krabbelte also wieder ins Bett, nur um eine Stunde später hellwach wieder aufzustehen. Ich hoffte sehr, dass meine Nachbarn nicht auch wach in ihren Betten lagen und sich wunderten. Lärm bei Frau Holle ist ziemlich außergewöhnlich und wird nur nach Vorankündigung veranstaltet. Wir sind ja eine ältere Wohngegend und da muss man Rücksicht nehmen, oder? Dieser Weihnachtslärm war so nicht geplant und ich würde morgen in große Erklärungsnot kommen. Mein Vermieter würde den Kopf schütteln…..
Sehr, sehr ärgerlich ließ ich mich auf keine Diskussion mehr ein und sprach ein ernstes Wörtchen: „Wenn Ihr nicht auf der Stelle Ruhe gebt, packe ich Euch in den Karton und Weihnachten ist für Euch gestrichen!“ Misi sagte: „Flau Holle, was sind Sie pölzig so streng? Wir feiern doch nur ein klitzeklitzeklitzekleines bißchen, oder?“ Dann fiel er auf seine Froschnase und schlief sofort ein. Ich legte ihn vorsichtig in sein Terrarium.
Ja, darum ist es heute sehr ruhig hier. Die Engelkinder üben selige Stimmung zu verbreiten und Xaver sieht mich an. Ich sage: „Xaver, ich weiß gar nicht, was ich weihnachtliches schreiben soll? Ich habe mich auf Misi verlassen und bin ganz aus der Übung.“ Xaver sagt: „Frau Holle, sreib doch, dasch Mischi bösche war und keine Gesenke kriegt!“ Ich lobe ihn sehr, dass er heute das „S“ richtig aussprechen kann. Leider an verkehrter Stelle, aber das sage ich dem kleinen Kerl natürlich nicht. Er wird vor Freude rot und sagt: „Dasch habe ich mit dem kleinschten Weihnachtschmann geübt, bisch ich esch konnte. Höre: Slittenfahren, söne Serensnitte, slagschahne und Sokoladeneisch.“ Sehr schön, da hat der kleinste Weihnachtsmann wohl auch etwas zu viel Eierlikör und Rum probiert. Ich erkläre, dass Misi auf jeden Fall Geschenke kriegt und böse ist er auch nicht. Er ist nur um ein paar Erfahrungen reicher geworden und lässt in Zukunft den Rum wohl lieber stehen. Xaver sagt: „Na gut, ich wollte nur helfen!“ und verschwindet.
Ich sehe mir die schnarchende Rasselbande an und denke, dass das Ambiente bei mir heute ganz und gar nicht weihnachtlich ist. Ich suche nach dazu passenden Motiven und fotografiere also die Dezemberblüten im Garten.
Vielleicht sind Sie ganz erstaunt, was kurz vor Weihnachten bei uns im Wendland noch blüht? Oder ist es bei Ihnen auch so?
Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag und hoffe, dass sich Ihre Weihnachtsgestalten besser an die Regeln halten. Liebe Grüße! Ihre Frau Holle