Heißer Dienstag

So, das wäre erledigt. Die Anzahlung ist überwiesen. Mein Ferienhaus in Dänemark ist für den Urlaub im nächsten Mai gesichert. Diesmal mit Touristik, Bademöglichkeiten und Strand fußläufig gut zu erreichen, Geschäfte nicht weit weg und Familienanschluss in der Nähe. Die Gegend dort kenne ich gut, wobei ich lange nicht mehr dort war. Wir hatten auf einem Ganzjahresplatz unser Zelt dort stehen und von Hamburg aus kutschierte unser Vater uns im Sommer fast jedes Wochenende ins große Glück. So schien es mir damals. Wir hatten freitags schon alles gepackt und sobald er aus der Arbeit kam, stiegen wir in den VW-Käfer und los ging´s. Es konnte gar nicht schnell genug gehen.

Jetzt hake ich „Dänemark 25“ für dieses Jahr ab und widme mich dem Sommer hier bei mir. Die Freude kribbelt noch ein wenig in mir herum und das darf sie auch. Muss ja keiner wissen.

Dankbar bin ich, dass ich mir einen Urlaub am Meer leisten kann. Entschlossen bin ich, daran zu glauben, dass ich nächstes Jahr noch fit genug sein werde und die allgemeine Weltlage einen unbeschwerten Urlaub zulassen wird. Na ja, meine Unbeschwertheit ist eher eine künstliche und selbst gemachte. Obwohl ich das Unheil (oder die Unheile😉, sind ja echt mehrere) deutlich erkenne, will ich mich trotzdem nicht von Ängsten und Befürchtungen einfangen lassen. Ich kann ja doch nichts oder kaum etwas ändern.

Gestern sah ich „Die Welle“. Ich kannte den Film natürlich schon. 2008 erlebte ich ihn allerdings nicht als so aktuell wie heute. Eindrucksvoll wird gezeigt, wie sich eine Gesellschaft ganz schnell nach ganz rechts bewegen kann.

https://www.ardmediathek.de/video/filme/die-welle-oder-drama/one/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLXNvcGhvcmEtNDZkMTgzZDQtZmExZi00ZmU3LWI4ZTktZTg4ZWQ5N2E0OTJm

https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Welle_(2008)

Um wieder auf meine heimische Idylle zu kommen: Meine neue Markise tut jetzt das, was sie tun soll. Meine Terrasse wird wunderbar herrlich von ihr beschattet und um ein paar Grad abgekühlt. Ist das nicht schön? Ich werde dort gleich Kirschen essen und die Füße in eine Wasserschüssel stellen. Wenn ich wollte könnte ich mir sogar mit meiner White Noise Machine https://www.youtube.com/watch?v=sqI2DpthNZo, die ich mir als akustisches Bollwerk gegen die Fernsehgeräusche von nebenan anschaffte, also mit diesem kleinen Gerät könnte ich mir das Meer in den Garten hohlen. Oder den Wald. Oder den Zug. Oder den Regen. Oder nur Geräuschkulisse. Ganz nach Belieben. Ob ich will, weiß ich jetzt noch nicht. Bei 30 Grad Hitze geht eben das Entscheiden etwas langsamer bei mir. Aber🍒 Kirschen 🍒esse ich, daran ist nicht zu rütteln.

24. Juni 24

Die Zeit verdreht sich am Johannistag und ich stemme mich ihr entgegen. Um 4.30 Uhr radele ich der Sonne entgegen, dann schlafe ich um 7.00 Uhr wieder ein und das bringt gar nichts. Mittags fühlt sich wattig an und der Elan ist hin. Egal, ich wollte ja sowieso Urlaub zu Hause machen. Das heißt, ich mache es wie immer, aber mit einem großen ICH DARF! Ich muss gar nichts und das funktioniert ja auch.

Mein verstorbener Exmann hätte heute Geburtstag gehabt. Ich denke liebe Gedanken und fühle mich etwas „aus der Welt“. Auch das darf und ich werde den Tag ganz bewusst und dankbar so leben, wie er kommt.

Er kann es ja nicht mehr.

Bin ich seltsam?

Ich habe im Juli Geburtstag und lud eine Gesprächsgruppe für diesen Tag zur Suppe ein. Nicht bei mir, sondern im Mehrgenerationenhaus. Ich dachte, das wäre angemessen. Es wurde zumindest von zwei Personen skeptisch aufgenommen mit dem Argument, das würde Verpflichtungen schaffen und man soll doch beim wöchentlichen offiziellen Treffen bleiben. Habe ich eingesehen und zwei von denen könnte ich trotzdem einladen. Zum Frühstück oder so. Mal sehen und vielleicht haben sie Lust, diesen Tag mit mir das zu tun, was mir am liebsten ist, nämlich ihn am See zu verbringen. Genau! Das wird gut!

Ein Teil der Familie besucht mich dann am darauffolgenden Samstag.

Manchmal denke ich: Wer sich nicht rechtzeitig einen Freundeskreis aufbaut und sich kümmert, hat im Alter mehr Mühe und Unsicherheiten mit den Freundschaften. Ich bin vielleicht zu oft umgezogen. Und bin jetzt nicht aktiv genug, das auch. Weil mir eigentlich die Kontakte, die ich habe, völlig ausreichen. Eigentlich…….und nicht immer. Das ist das Dilemma.

Gestern quatschte ich unterwegs mehrmals Leute an, die ich vom Sehen kenne und wir lachten miteinander. Zu Hause bekam ich rote Ohren. Was war das denn? Peinlich oder lustig? Keine Ahnung. Heute bleibe ich wohl lieber still. Oder auch nicht. Manchmal perlt es einfach aus mir heraus.

Werde ich immer seltsamer oder suche ich mit diesem (mir fremden) Verhalten nur neue Kontakte? Als Kinder fragten wir einfach: „Darf ich mitspielen?“, aber wie mache ich das als Alte, wenn ich den Wunsch verspüre, mich auch auf die Bank zu setzen, auf der sich andere regelmäßig zum Klönen treffen? Die mir so sympathisch sind?

„Mach´ doch einfach“, sagt Ihr vielleicht. „Frag doch und eire nicht so rum.“

Ist ja schon gut, ich werde mir was überlegen. Aber leicht ist das nicht! Und seltsam bin ich auch noch nicht, nur anders.

Midsommer

Nein, ich meine nicht den schrecklichen Film von Ari Aster https://de.wikipedia.org/wiki/Midsommar_(2019), den ich nie zu Ende gucken konnte, so gerne ich auch wollte. Ich gucke ja alles, was mit Mittsommer in Skandinavien zu tun hat. Das sind ja meistens Wohlfühlfilme, oder? Aber dieser schreckliche Film ist anders. Anfangs wohlig, später eben schlimm und dann so schrecklich, dass ich wegen meiner aufkommenden dunklen Gefühle nicht weiter gucken kann. Immer.

Also, den Film hatte ich nicht im Sinn, als ich mir die Überschrift ausdachte. Es ist nun mal Mittsommer und weil ich mich so gerne skandinavisch fühlen will, fühle ich mich eben so. Ich denke mir aus, ich bin nicht hier sondern dort und schwupps feiern die Emotionen mit mir Midsommer, nicht Mittsommer. Und das Außen macht mit. Also gestern schon.

Die Bauernrose guckte durch mein Küchenfenster und wollte gelobt werden. Sie hatte sich extra schick gemacht für mich.

„Nun los“, sagte sie am Abend. „Sofa ist jetzt nicht! Jetzt mach dich auf, den Sommer suchen!“ Das ließ ich mir nicht zweimal sagen, denn ich will, wie alle anderen, die jetzt in die Sommerferien gehen, in die Ferienlaune einsteigen. Das macht Spaß und geht am besten draußen.

Eine kleiner Regenbogenversuch begleitete mich und wies mir den Weg. Keine Ahnung, warum. Es regnete nicht und Sonne war auch knapp bemessen. Sommerzeichenwunder? Jedenfalls kam ich voll ins Midsommar Følelse.

Allerhand Getier trieb sich herum und Blumen teilten meine Festtagsstimmung.

Als ich nachts mein Fenster öffnete, weil es so warm war, hörte ich die Jugend in den fernen Feldern feiern. Ich bin so geräuschempfindlich geworden, aber hier störte mich seltsamer-und erfreulicherweise gar nichts. „Vidunderlig Midsommerstemning. Menschen feiern eben manchmal“, dachte ich und schlief weiter.

Na gut, das dänische ist gelogen, das habe ich mir eben ausgedacht und virtuell übersetzen lassen.

Einmalig und weiter geht´s

Wie kann ich den tiefen Frieden, den ich im Urlaub fand, zu Hause weiter leben?

Gar nicht. Geht nicht. Alltag.

Ich will nächstes Jahr wieder in das einsame Haus mit Seeblick.

Es ist nicht mehr zu vermieten.

Und Ähnliches nicht zu finden. Oder dreimal so teuer.

Ich erfasse jetzt, wie besonders diese zwei Wochen in Dänemark waren. Seelen- berührend. Nicht wiederholbar.

Höchstens mit Fotos und Gedanken erinnerbar. Also gestalte ich ein Fotobuch. Für den kleinen Frieden hier.

Immerhin. Das habe ich gehabt. Erlebt, als Erinnerung festgehalten und gestaltet.

Und nun steht die Frage im Raum: Was nun?

Sie muss nicht sofort entschieden werden. Ich kann ja noch nicht wissen, was ich im nächsten Mai will. Und kann.

Auf der anderen Seite habe ich meine wunderbare Reise in diesem Jahr nur erlebt, weil ich mich frühzeitig mutig entschieden und gebucht habe.

Föhr hat sich festgehakt. Sehen und erleben, wie es heute ist. Verbrauchte, schlechte, alte, nicht mehr aktuelle Energien am Strand begraben. Schöne Erinnerungen pflegen und an die Geburten meiner Kinder denken. Im Watt Freude einfangen. Am Sandwall Kurkonzert hören. Ja, das auch.

Vielleicht sogar Bekannte treffen.

Das stelle ich mir gut vor. Überraschung: Es scheint sogar ziemlich wichtig zu sein.

Aber erst einmal ein paar Nächte darüber schlafen. Und dann entscheiden.

Und zufrieden-friedlich den Sommer hier genießen, so gut es geht. Weiter machen mit dem guten Leben.

Genau.

Schlafraub und Frieden

Eine anstrengende Nacht liegt hinter mir. Ich habe keine Lust, detailliert auf die Vorgeschichte einzugehen, nur kurz: Ich bin durch eine Mail von https://verschickungsheime.de/forum-fuer-verschickungskinder/ auf die Geschichte vom „Haus Störtebeker“ auf Föhr gestoßen und habe festgestellt, dass es sich in den letzten Jahren vollkommen verändert hat und es die „Teestube“, so wie ich sie kannte und liebte, nicht mehr gibt.

Ich war einige Jahre fest verbandelt mit den „Störtebeker-Besitzern und Bewohnern“. Damals versammelte sich dort eine bunte Mischung von Leuten, die zu mir passten. Wir waren die „Alternativen“ der Insel. Außerdem lernte ich meinen Mann, der zeitweise im „Störtebeker“ wohnte, dort kennen.

Und nun ist das ein Nobelrestaurant.

Was ist aus den „Teestuben- Menschen“ geworden? Wo sind sie geblieben? Gibt es überhaupt noch so eine „alternative Gruppe“ oder sind jetzt alle reich dort? Wahrscheinlich kann ich das nur erfahren, indem ich mich nach Föhr begebe und auf Spurensuche gehe. Ich hing scheinbar am Irrglauben fest, dass das Leben der anderen dort immer so bleiben würde, wie es war. Ist natürlich Quatsch. Ich weiß. Trotzdem. Gestern regte mich das tiefe Wissen, wie vergänglich doch alles ist, auf und an Schlaf war lange nicht zu denken. Ich fragte mich, ob es mir gut tun wird, mich noch einmal intensiv mit Föhr und meiner Vergangenheit zu beschäftigen. Ist es notwendig oder wird es nur alte Wunden aufreißen, ohne mich weiterzubringen? Eine Antwort fand ich nicht, aber ein paar Stunden Schlaf schon.

Und nun zurück ins Wendland und zu mir. Die Gegenwart fordert mich auf, jetzt zu sein und ich werde folgen. Denn, und das habe ich in der Philosophie gelernt, im Jetzt bin ich echt. Vergangenheit lebt nur in meiner Erinnerung und die Zukunft in den Gedanken.

Sonntag

Nachbarn rechts, Nachbarin links, Nachbarn gegenüber, alle hatten Besuch. Es feierte draußen über mich hinweg und das war nach ein paar Stunden nicht mehr schön. Ich verkroch mich abends unter meine Kopfhörer und guckte mich in andere Welten.

Allein allein fühle ich mich aufgehoben, allein im Urlaub war super. Allein auch heute, wo alle um mich herum in ihren Gärten am Frühstückstisch sitzen und lustig sind, fühle ich mich sonntags-falsch.

Frage: Warum kümmerst du dich nicht selbst um Besuch? Oder um Verabredungen?

Antwort: Weiß ich nicht. Zu faul? Ach so, nein, nächste Woche bin ich ja selbst auch unterwegs. Außerdem hatte ich Kontakte und Besuch in der vergangenen Woche. Und intensive Telefongespräche…….

Na, dann kannst du dich doch entspannen, meine Liebe.

Ich werde mich auf das Rad schwingen und den Sommer suchen. Das habe ich gestern am Abend auch gemacht und hinterher war die leichte emotionale Schieflage wieder gerade gerückt.

Ein gutes Leben! Eben!

Zu schön, um wahr zu sein?

Das kann doch alles nicht wahr sein. Wieso bin ich denn so zufrieden? Wieso bin ich so positiv gestimmt? Das sind ja ganz neue Töne, die sich hier Gehör verschaffen. Sogar eine kleine Freude kribbelt in mir herum und schlägt Purzelbäume. Und in meinen Träumen werde ich geliebt.

Hä?

Wo ist denn der Antreiber? Ach ja, er verbringt seinen wohlverdienten Urlaub auf der Hängematte.

Und der Nörgler? Der hat sich wohl angeschlossen und macht sich ein paar schöne Tage.

Mein Schweinehund hat jetzt das Sagen und er schickt mich in die Natur. Warum soll ich mir das Leben mit Putzen und Gartenarbeit schwer machen?

Eben.

Wobei: Das Nötigste ist getan und obendrauf ist der Kühlschrank voll. Ich kochte, also bereitete Essen zu, und Wäsche ist sauber und zum Geburtstag meiner Lieben gratulierte ich rechtzeitig. Geschenke wurden verschickt. Sommer-Treffen sind verabredet.

Auf dem Konto liegen die 170 Euro, die ich an den Ferienhausvermieter zu viel für Strom und Wasser zahlte.

Ist doch alles prima! Zufriedenheit darf bleiben und Euch wünsche ich ein sonniges, wunderbar herrliches Wochenende!

PS: Manche mögen sich wohl auf die WM freuen. Mir ist sie egal. Aber vielleicht trägt sie dazu bei, dass die Gesellschaft zusammenwächst und glücklich ist.🤣 Ja da muss ich selber lachen, denn ich glaube nicht an Sommermärchen……. Aha, da ist er also wieder, mein innerer Zweifler. Ich schenke ihm ein Eis und sage: „Ist doch egal! Lass sie doch!“