Die Zeit rennt. Immer schneller. Alle sagen das. Nur die Uhren ticken wie immer. Wenn sie überhaupt noch ticken. Sie gehen Schritt für Schritt. Zeiger wandern ihren Kreis, einer ganz schnell, einer schnell und einer langsam, Stunde für Stunde. Wenn überhaupt noch Zeiger vorhanden sind. Meist sind es heutzutage ja Zahlen. Auch die bleiben im Kreis, irgendwie. Beginnen immer wieder neu. Tag für Tag. Monat für Monat. Nichts wird schneller, sie bleiben im Takt, die Zeitmesser. Eigentlich ja Zeitmesserinnen. Es sind ja weibliche Uhren.

Kalender bleiben, wie sie schon immer waren. Tag für Tag, Woche für Woche, Monat für Monat. Jahr für Jahr. Immer gleich. Da ist der Zeitmesser dann auch männlich und nicht divers. Denn es heißt ja „der Kalender“. Warum eigentlich?

Jahreszeiten wechseln im gleichen Takt. Der Jahreskreis ist geschlossen mit Anfang und Ende. Die Geschwindigkeiten der Jahreszeit-Zeiten sind immer gleich.

Im Moment läuft mir allerdings der Frühling weg.

Aber in Wirklichkeit tut er das natürlich nicht. Er ist wie immer. Regelmäßig kommt und geht er. Auf mich nimmt er da keine Rücksicht. Ich bin ihm egal.

Die Natur, die Erde, das Weltall, sind sie zeitlos? Zeit wird ihnen gleichgültig sein, denn die ist menschengemacht. Sie sind, verändern sich und fertig. Anfang und Ende gibt es auch hier nicht, aber da hört mein Verstand auf zu funktionieren. Er besteht darauf dass alles einen Anfang und ein Ende hat. Basta. Klar, er kennt nichts anderes.

Es ist ja meine Erfahrung. Ich fange an, komme auf die Welt und wachse. Ich wachse, bis ich alt genug bin, damit aufzuhören. Dick kann ich (leider) immer noch werden. Und vielleicht auch wieder schrumpfen. Also ich wachse und mache mein Ding. Jedes zu seiner Zeit. Und jetzt, wo das Ende absehbar ist, nur noch eine Frage der Zeit, aber real vorhanden und nicht mehr wegzuleugnen, jetzt scheint die Zeit zu rennen. Wird sie knapper? Für mich schon. „Ich habe wenig Zeit“ bekommt eine neue Bedeutung. „Ich habe keine Zeit mehr“ nehme ich nicht zur Kenntnis, ist nicht aktuell. Ich nehme mir Zeit für alles, was ich möchte.

Das Alte macht Platz für das Neue. Anders geht es nicht.

Und wie komme ich nun dazu, Euch die Zeit mit diesem Text zu stehlen? Nö, ich habe mir Zeit genommen, zu schreiben. Auf Eure Zeit habe ich keinen Einfluss.

Ich hatte noch Leerlauf in der Tageszeit. Bin zu früh aufgestanden. Hatte noch Zeit totzuschlagen. Die arme Zeit. Aber nein, die Zeit ist unbeeindruckt und jetzt ist es Zeit, mich auf dem Weg zu machen. Zum QiGong endlich wieder. Mit Knie und ohne Rad. Das Auto wartet schon. Und jetzt wird die Zeit wirklich knapp, sonst komme ich noch zu spät.

Aber irgendwie vergeht die Zeit doch immer schneller, je älter wir werden. Es gibt ja auch Erklärungen, warum wir das so empfinden. Trotzdem: Eben noch Silvester und jetzt steht Ostern schon wieder vor der Tür. Ist doch furchtbar, oder?

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15 Gedanken zu “Zeit

    1. Unsere Zeit läuft immer schneller. Gibt es Methoden, sie davon abzubringen? Ob ich viel und Neues erlebe oder ob ich gar nichts mache, ist ihr egal. Sie rennt. Wenn ich im Zahnarzt-Wartezimmer sitze, scheint sie kurzfristig zu schleichen, die Zeit, aber nach der Behandlung ist alles wie immer. Müssen wir uns wohl mit abfinden….

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    1. Furchtbar meine ich in diesem Sinne gar nicht so wirklich furchtbar. Beängstigend? Seltsam? Schade? Wo sind die Wochen geblieben? Schon wieder älter geworden? Zeit glücklich verbracht? Zum Glück bin ich in der Zeit geblieben? Ja, es ist natürlich schön, das alles noch mitzuerleben,….🌞

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  1. Vielen Dank für deinen nachdenkenswerten Text zum Thema Zeit. Was ich für mich feststelle: für manches will ich keine Zeit mehr verschwenden. Allmählich gelingt mir die Fokussierung auf das, was für mich jetzt wichtig ist. So spiele (singend, tanzend, malend z.B.) ich zum ersten Mal im Leben mit Genuss. Dabei vergesse ich die Zeit. Vor kurzem ist meine Mutter mit 95 gestorben. So traurig ich einerseits bin, ich fühle mich auch entlastet und befreit. Das ist plötzlich Raum zum Spielen.

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    1. Die Zeit vergessen…. wenn mir das gelingt, verbringe ich in diesen Momenten eine sehr gute Zeit. Ich legte in den letzten Jahren den Gedanken ab, dass ich Zeit verschwende, wenn ich (mitten am Tag) ein Buch lese, ein Bild mal, fotografiere, dem Gezwitscher der Vögel lausche, einfach nur bin und in meine eigene Welt versinke……Das ist der Gewinn des Alters! Unsere Zeit lässt uns Raum zum Spielen. Wunderbarer Gedanke! Danke! 💝

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  2. Schön und umfassend beschrieben. Ob es nur altersbedingt isr ? Vielleicht, abee der Informationsfluß, der auf einen einprasselt, beschreibt es gut. Als man noch ohne Handy von A nach B reiste, da hatte man eine Pause. Man hatte Zeit. Heute prasseln Infos, Fragen und Bitten per email und zig social media Diensten 24/7 auf einen ein.
    „Ist doch furchtbar, oder“.

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    1. Du gibst hier einen wichtigen Impuls und die Frage ist, ob die Zeit mit Handy schneller verfliegt als ohne. Sie wird auf jeden Fall anders gefüllt.
      Mein Handy bleibt übrigens immer ausgeschaltet, wenn ich unterwegs bin, falls ich es überhaupt bei mir habe. Ich genieße es und brauche das auch, meine eigenen Gedanken schweifen zu lassen. Das kann ja jeder Mensch genauso machen, ob alt oder jung. Allerdings rennt die Zeit dann auch, jedenfalls im Nachhinein. 😁

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      1. Zeitdisziplin ist wichtig. Beruflich nicht immer möglich, wenigstens in meetings gibt es noch eine gewisse Ordnung und das Handy bleibt aus. Da hat man Ruhe.

        Noch zu w/m/d
        Die Woche, der Monat, das Jahr
        Gut verteilt 😇

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