Ich bin gar nicht mehr belastbar, was die Verarbeitung der äußeren Eindrücke betrifft. Ob das an der Corona-Ruhe liegt oder am zunehmenden Alter und meiner Erkrankung, ich weiß es nicht. In den letzten zwei Jahren hat sich mein Geruchssinn entwickelt, der vorher nie vorhanden war, dafür aber besitze ich für Großstädte keine Kraftreserven mehr. Weil ich weiß, dass ich hochsensibel bin, nehme ich das wohlwollend hin und freue mich, dass ich ländlich wohne mit viel Ruhe obendrauf. Allerdings jubeln mein Nahdransohn und seine Freundin ziemlich auffällig, als wir wieder in die Heimat zurückkehren. Sie freuen sich, keine Menschen zu sehen und dafür so viel Natur. Ich frage mich: Sind sie auch hochsensibel oder einfach nur waschechte Landeier?

Ich vertraue meinen Impulsen und fühle es schnell, wenn ich Gefahr laufe, Grenzen zu überschreiten. Ich übe seit Jahren, mich ohne Groll ein wenig zurückzuziehen, sobald ich den Kindern zu nahe komme. Sie müssen gar nichts sagen, ich merke es einfach. Das ist neu. Wir lernen, miteinander „zu schwingen“.

Ich sehe, wie die Kinder ihr Leben leben. Unabhängig, sehr einfühlsam und liebevoll in ihren Partnerschaften. Ich als Mutter werde geliebt, auf einer anderen Ebene, die sich seit einiger Zeit sehr gesund anfühlt. Ich kann meinen Söhnen und „Schwiegertöchtern“ auch etwas geben, und wenn es nur meine Gelassenheit ist, die sich einstellt, wenn ich mich ihnen zuwende. Die Mutterliebe ist sowieso immer da, aber ich kann sie selbst machen lassen, ohne mich anzustrengen. Ich muss sie nicht ständig zeigen, sie wird gespürt. So einfach ist das.

Wir machen das gut, sagt meine Seele.

Es ist gar nicht so leicht, eine unbeschwerte Zeit miteinander zu verbringen. Corona haben wir vielleicht ganz gut verarbeitet, aber Klimawandel und Krieg beschweren doch das Leben. Die jungen Leute sind bedrückt und traurig. Auch sie haben nur noch wenig Kraftreserven. Das merke ich und es tut mir weh. Trotzdem gelingt ein fröhliches Beisammensein. Ich denke, wir können uns gegenseitig stärken, weil wir wissen, wir sind füreinander da.

Mehr geht nicht.

„Wir haben gemeinsame Erinnerungen gesammelt“, sagt mein Nahdransohn auf dem Weg nach Hause. „Und wir haben Hochzeit geplant“, denke ich. Wer Spiele spielen will, fliegt raus, Sketche und Lieder sind nicht erwünscht und Reden am liebsten auch nicht. Geschenke nein, Geld ja. Als Beitrag für die Feier. Die soll schön werden. Mit der Perspektive kann ich mich als Bräutigammutter erst einmal entspannen und mich freuen, dass es uns alle gibt.

10 Gedanken zu “Wochenende in Familie

  1. Das klingt doch wunderbar Regine.
    Diese Anstrengung kenne ich auch wenn es trubelig um mich herum ist.
    So ist es wenn man Hochsensibel ist. Da ist die Ruhe, für die meiste Zeit, so wichtig.

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  2. Es scheint, als seien an diesem Wochenenden Menschen mit ihren Familien, mit ihren Wurzeln, in Berührung gekommen.
    Für mich klingen Deine Erlebnisse sehr erfüllend. Auf jeden Fall sehr berührend, darüber zu lesen.

    Und extra gratulieren möchte ich Dir zu diesem tollen Foto! Ja, auch mein Thema sind Bäume … überhaupt die Natur. Diese habe ich heute wieder extra genossen …
    Ausflüge in Großstädte sind mir willkommen, sofern ich Ziele habe (Kunst & Kultur, Treffen mit ausgewählten Menschen), aber als Lebensort kommen sie maximal in der Peripherie, im Grünen, in Frage. Auch ich brauche die Ruhe, die die Natur überträgt, ich atme die heilenden Schwingungen der Natur ein.

    Viel Freude am Zuhausesein! Liebe Grüße!

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    1. Zumindest für mich war es das Einfühlen in unser Familiensystem und eine Bestätigung dafür, dass wir auf einem guten Weg der Heilung sind. Mein Eindruck ist, dass meine Kinder jetzt die wahren Erwachsenen im System sind und ich einen Schritt beiseite gehen und mich umsorgen lassen kann. 😎Lustig für mich: Ich sitze jetzt im Auto wieder hinten und werde im gemeinsamen Urlaub das Kinderzimmer beziehen. 😁 Liebe Grüße! 🙋‍♀️
      PS: Die Eulenkinder auf dem Foto haben auch eine Mutter: https://frauholle52site.wordpress.com/page/5/#jp-carousel-32955

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      1. Die Mutter der Eulenkinder habe ich jetzt auch gesichtet.
        Herzlichen Dank für Deinen Hinweis!

        Definitiv, Familiensysteme sind sehr spannend … und die Veränderungen darin ebenso!
        Am Rücksitz ändert sich mitunter auch die Perspektive – und im Kinderzimmer vielleicht auch 😉

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