Ganz ehrlich

Ganz ehrlich?

Ganz ehrlich schrieb ich eben einen Text darüber, wie anstrengend das Alleinsein in Zeiten der Pandemie allmählich für mich wird. Aber nein, es macht wenig Sinn, darüber zu berichten, diese kleine Andeutung genügt ja völlig. Und darum löschte ich ihn schnell und lasse damit die dunklen Gedanken für heute ziehen. So schaffe ich Platz für die hellen Seiten meiner sonntäglichen Existenz. Vielleicht ein Sonntagsei zum Frühstück? So wie früher? Eigentlich lasse ich ja diese Mahlzeit seit ein paar Monaten aus und das ist nicht schlimm. Aber um das Sonntagsei ist es schon schade. Ich denke, ich gönne mir heute ausnahmsweise ein kleines Frühstück mit Ei und Butterbrot.

Ganz ehrlich? Ganz ehrlich ist gerade nicht alles gut. Aber vieles eben doch. Und ich habe genug Kraft und Ausdauer, um das Viele, was geht und gut für mich ist, zu tun. Und das Hängenlassen, welches so verführerisch um die Ecke schaut, weitgehend zu lassen. Das hilft mir über die Gefühle der Einsamkeit schneller hinweg. Denn die werden häufiger, das ist klar.

Ganz ehrlich? Ach Quatsch, lassen wir die Ehrlichkeit heute im Schrank. Was soll´s, ich lege den Farbfilter ein und dann wird das Leben gleich viel freundlicher.

Na also, geht doch! Ablenkung tut gut. Außerdem kann ich gar nicht wirklich einsam sein, denn ich bin doch eingebunden ins große Ganze. Na ja, das ist nun auch gerade nicht so wunderschön, wie ich es gerne hätte, aber darauf gibt es keinen Anspruch und darum ist es eben so, wie es ist. Habe ich den Sprung zur optimistischen Seite geschafft? Ich bin mir, ehrlich gesagt, nicht ganz sicher.

Und wie geht es Dir? Ganz ehrlich?

13 Gedanken zu “Ganz ehrlich

  1. Ein weiches Frühstücksei am Sonntag, weich gekocht, dazu eine Scheibe gutes Graubrot und Butter, diese Vorstellung trägt mich sofort an den Frühstückstisch meiner Kindheit in der ländlichen Großfamilie. Ich habe es genossen und genieße es noch heute, ein Sonntagsritual, was ich in 66 Jahren beibehalten habe. Und immer noch ist es so wie damals. Dieser besondere Geschmack, wenn Brot, Ei und Butter aufeinander treffen, trägt mich in den Himmel. Als Kind nahm ich mir dazu viel Zeit, ein bisschen ei, viel Butterbrot, son hatte ich lange von diesem himmlischen Gefühl.

    Ich wünsche dir einen wundervollen Herbstsonntag und dass du deine Kraft und Ausdauer behältst, den pandemischen Zeiten zu trotzen.

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  2. Wow, so schnell kann man sich die Welt bunt machen! Sieht gleich fröhlicher aus 🙂 Tja, ganz ehrlich, so langsam geht es einem auf die Nüsse, aber was soll man machen? Wie du sagst, man kann sich nur auf die guten Seiten, die guten Dinge konzentrieren, auf Sachen, die für einen persönlich möglich sind. Oder gucken, was man möglich machen kann. Zur Not gibt es das Bloggiversum, da kann man sich immer austauschen, wenn real mal niemand da ist oder Zeit hat. Je nachdem, wie lange das noch geht, werden wir ganz schön gefordert sein. Ich entdecke gerade wieder die herbstliche Pilzwelt, da wird mir der Stoff so bald nicht ausgehen 😉 Dennoch gibt es auch Phasen, die schwer sind. – Ein Frühstücksei hatte ich auch lange nicht. Ich freue mich jeden Tag auch so auf mein Frühstück, die erste Tasse Tee, die einfach am Besten schmeckt, und das alles in Ruhe genießen, mmmh. Apropos, ziehen die Kraniche bei euch? Liebe Grüße und halt die Ohren steif! Almuth

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    1. Liebe Almuth, Bloggen hilft tatsächlich ein wenig über den Frust hinweg. Es lenkt ab, ist nicht zeitgebunden und man ist im Kontakt.

      Kraniche habe ich noch nicht gesehen, dafür schon viele Gänse. Für die Kraniche müsste ich wohl mal an die Elbe fahren. Vielleicht sind die jetzt auch schon wieder weg.

      Mir fällt es immer schwerer, Abstand zu meinen Leuten zu halten. Zwei Umarmungen seit Februar, und die auch noch mit schlechtem Gewissen, sind einfach zu wenig. Mir fehlt das unbeschwerte Zusammensein. Früher war das ein prima Ausgleich zum Single-Leben. Es fühlte sich so gut. Heute fällt es mir manchmal leichter, alleine zu bleiben, als mich zu verabreden. Aber hilft ja nichts, es ist eben so. Am liebsten würde ich auch gegen die Pandemie demonstrieren gehen, ich bezweifle aber, dass es etwas nützen würde. Nein, da müssen wir jetzt alle durch, jeder hat mit seinen eigenen Härten und Schwierigkeiten zu kämpfen. Und Schönes gibt es ja zum Glück immer noch, wie man zum Beispiel auf Deinen Fotos sehen kann.
      Bleib gesund und komm gut durch den Herbst! (17.00 Uhr und schon dunkel. Gewöhnungsbedürftig, oder?) Regine

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      1. Sich umarmen ist lebensnotwendig, liebe Regine, und ich tue es täglich. Alle hier tun es, und unsere Infektionszahlen sind dennoch mit die niedrigsten von Europa. Ihr könnt euch ja umarmen, ohne dem anderen ins Gesicht zu blasen, warum soll das schädlich sein?. Ich war gestern am Strand, um ein paar befreundete Menschen zu sehen und zu schwimmen, wir umarmten uns selbstverständlich, keiner dachte auch nur im entferntesten an eine Maske. Die anderen neun gingen dann hinterher noch bei einem der Freunde gemeinsam essen – ich nicht, weil ich so viele Menschen auf einmal schlecht ertrage (binschwerhörig).
        Fast alle leben für sich allein, weil sie keinen Partner haben, oder weil der weit weg im Ausland ist, oder weil die Kinder erwachsen sind. Das Alter spielt keine Rolle, Hauptsache man mag sich und passt irgendwie zusammen. Obgleich ich ja alt und keine Griechin bin, bin ich voll bei den Jüngeren akzeptiert. Ich habe meinen Mann noch und bin sehr dankbar dafür, aber solche offenen Freundschaftsgruppen sind dennoch sehr wichtig, sogar überlebenswichtig in Zeiten der wirtschaftlichen Krise und der Individualisierung der Menschen.
        ich meine, ihr solltet euch in Deutschland dringend mehr darin üben, solche offenen Freundschaften zu entwickeln, denn es kann ja noch weit schlimmer kommen, wenn der Epidemie der wirtschaftliche Zusammenbruch folgt. Liebe Grüße und lass dich nicht unterkriegen und erschrecken!

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      2. Ich gehe mit den Gegebenheiten anders um als Du, das haben wir ja schon gemerkt. Was im Endeffekt richtig ist, wissen wir heute noch nicht. Ich freue mich jedenfalls für Dich, dass es Dir und Deinen Freunden so gut geht und schicke liebe Grüße! Regine

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      3. Ja, 17 Uhr und Dunkelheit braucht man gerade gar nicht, seufz.

        Hier flogen mehr Kraniche letzte Woche, als Gänse. Jetzt ist es aber auch wieder ruhig.

        Nee, es nützt nichts, wenn sich nicht bald was bahnbrechend ändert. Ach je, daß mit den Umarmungen ist wirklich gemein. Vielleicht muß man für sich persönlich eine andere Entscheidung treffen, aber irgendwie hat man doch oft Sorge, jemanden anzustecken. Echt doof. Ich drück dich mal virtuell!!! Liebe Grüße und behalt den Kopf oben und die Ohren steif 🙂

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      4. Danke, Du auch! Ich stehe auf dem Standpunkt, dass vielleicht nicht alle Maßnahmen nützlich sind, aber solange eine kleine Chance besteht, dass sie eben doch vor gegenseitiger Ansteckung schützen, halte ich die Regeln ein. Ab und zu den Kindern „zu nahe zu kommen“ ist aber auch wichtig. Wird ja nicht ewig dauern und bis dahin bin ich lieber etwas zu vorsichtig, als zu leichtsinnig. Das ist der Teil meiner persönlichen Verantwortung, den ich beitragen kann. Und jammern will ich ab heute auch nicht mehr……..höchstens ein ganz kleines bisschen!
        Wie ist es denn bei Dir mit dem Weihnachtsgeschäft? Bricht da einiges weg? Liebe Grüße! Regine

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      5. Hin und wieder darf man mal etwas jammern. Das muß auch sein 😉 Man kann ja nicht 365 Tage happy sein. Wäre toll, klappt aber noch nicht. – Weihnachtsgeschäft, welches Weihnachtsgeschäft??? Ich hoffe, daß sich online was tut, sonst ist da keins. LG Almuth

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  3. Meiner Cousine geht es ähnlich. Sie ist seit Jahren schon verwitwet und doch gibt es erst jetzt einen spürbaren Unterschied zu meinem zwar auch recht isolierten, aber eben Paarleben. Für mich ist das wirklich nicht so schlimm, nur manches etwas nervig. Da sie auch seit März diesen Jahres in Rente ist, fühlt sich das Leben noch eingeengter an. Das hat für sie schon etwas Gewalttätiges. Wir wohnen nicht weit auseinander und wir machen jede Woche etwas zusammen, zurzeit vorwiegend in häuslicher Umgebung. Wir können halt auch sehr gut zusammen lachen. Das hilft schon ein wenig. Am Freitag haben wir festgestellt, dass das Leben etwas von einem Sirup hat, in den man aus Versehen hineingetreten ist oder eher hineingeschubst wurde. Na wenigstens kein Beton, der auch noch fest wird, meinten wir dann.
    Man muss halt echt aufpassen, dass man sich die sozialen Kontakte und das Unterwegssein nicht abgewöhnt. Also immer mal wieder raus, auch allein. Sonst wandelt sich der Sirup doch noch in Beton. Aber das machst du ja auch.

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    1. Ja, ich mache das und es fällt mir gerade immer schwerer. Ich bin müder geworden und empfinde die Situation tatsächlich auch so, als ob ich in einem Honigtopf gefallen bin. Ich passe auf, dass der Honig nicht zu dickflüssig wird. Das geht wohl nur im Tun und in der Bewegung. Hilfreich ist sicherlich eine Routine, so wie Du sie mit Deiner Cousine gefunden hast. Ich habe eine ähnliche mit meinem Sohn, seiner Freundin und ihrer Mutter gefunden. Wir telefonieren regelmäßig, meist sonntags, und besuchen uns ab und zu. Das gibt mir das lebensnotwendige Gefühl einer Zugehörigkeit und ich bin den dreien sehr dankbar, dass sie mich in ihre Lebensgemeinschaft einbeziehen.
      Deine Cousine hat Pech, dass ihr Renteneintritt in so eine blöde Zeit gefallen ist. Vielleicht gefällt ihr der Ruhestand in ein paar Monaten besser und irgendwann können wir ja alle wieder loslegen! Liebe Grüße an Euch zwei! Regine

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