Freitag:  34 Grad

Alle sind am Meer. Nur ich nicht. Ich arme Wurst sitze hier und schwitze und das Zimmer ist abgedunkelt. Ich habe keine Lust zu gar nichts und keine Power. Ich kann nicht den ganzen Tag lesen. Also starre ich Löcher in die Luft. Mein DVD-Player gab gestern den Geist auf. Kein Zeitvertreib mit Filmen für mich. Ich weine in mein Taschentuch. Ich will ans Meer, aber da sind ja schon alle anderen und außerdem habe ich kein Wohnmobil. Und eine Ferienwohnung auch nicht. Und Gesellschaft erst recht nicht. Kein Meer für mich. Ist doch doof so etwas.

Es ist so ruhig hier. Stimmt, die Nachbarschaft links ist natürlich am Meer. Die Nachbarschaft rechts ist sogar in Dänemark am Meer. 😭 Wie schön für alle!

Ruhe und Stille im Garten den ganzen Tag über, auch am Wochenende! Das ist doch schon mal eine gute Voraussetzung für Urlaubsgefühle, denn normalerweise tobt ja hier das Leben (ohne mich). Aha, Stimmung steigt und ich nehme mir vor, mich ab morgen wie im Urlaub zu fühlen.

Samstag: 36 Grad

Ja, so mache ich das dann auch. Ich stehe um 5.30 Uhr auf und setze mich ins Auto. Sonnenaufgang unterwegs, Nebelschwaden auf den Wiesen und der See ist blitzblank geputzt. Die Sonne beginnt ihren Tageslauf, aber noch ist es schattig. Keinen Menschenseele zu sehen. Die Camper in ihren Wohnmobilen halten die Türen geschlossen. Ich marschiere los und will den See umrunden. Wenn ich wieder hier ankomme, werde ich mich ins kühle Nass begeben!!!!!! Der Gedanke treibt mich an. Es ist schon warm und Schweiß fließt. Ist in Ordnung, denn das sieht ja niemand. Mir kommt eine Radfahrerin in kurzen rosa Höschen entgegen, jung, gut geschminkt und frisiert. Wo die wohl herkommt? Sie fährt einhändig und starrt auf ihr Handy. Mich sieht sie lieber nicht.

Ich entdecke am Wegesrand  fein säuberlich aufgereiht bemalte Steine. Ein Schild klärt mich auf. Kinder malten und hoffen, dass viele Steine mitgenommen und anderswo niedergelegt werden. Ich suche mir vier aus. Drei nehme ich mit nach Hause und einen lege ich am gegenüberliegenden Ufer ab.

IMG_4082Diese Steine werden für ein paar Tage bei mir bleiben und dann verteile ich sie (vielleicht) in die Landschaft. Sie passen gut zu mir: Mond und Sterne liebe ich, dicke Dame sieht mir ähnlich und zum Regenbogen muss ich ja nichts erklären.

Ich wackle also mit den Steinen in meiner Tasche weiter um den See. Schwalben segeln durch die Lüfte, Kraniche rufen, Stare versammeln sich und Spatzen picken im Rasen herum.  Kühe rennen und bleiben stehen und gucken und die Weite macht mich froh. Der Gedanke an das Schwimmen treibt mich an. Schmerzen werden ignoriert und die Radfahrerin kommt mir schon wieder entgegen. Sie guckt aufs Handy und mich sieht sie schon wieder nicht. Blödes Weib!

Die ersten Hundebesitzer machen die Runde, grüßen freundlich, lassen ihre Viecher baden und werfen Stöckchen. Ich erreiche mein Auto, trinke die Wasserflasche leer und hole meine Badetasche. Die ersten Wohnmobillisten sitzen vor ihren mobilen Ferienwohnungen und trinken Kaffee. Sie gucken und ich gucke zurück. Die haben es gut, denke ich und will das auch! Ich rufe mich zur Ordnung und nehme mir vor, nicht immer alles zu wollen, was andere haben. Ist doch blöd, so etwas.

Im See ist noch niemand. Ich habe ihn für mich alleine. Das ist dich ganz prima, das haben die anderen nicht. Blitzschnell stehe ich im Badeanzug und wage mich ins Wasser. HERRLICH!!!!!!!!!!!!!!! Das erste Untertauchen ist das Schönste, was mir an heißen Tagen passieren kann. Kleine, silberne Fische springen aus dem Wasser, baden in der Luft und tauchen wieder unter. Wie ist das niedlich! Sie glitzern in der Sonne. RadfahrerInnen erreichen das Ufer, ziehen sich um und leisten mir Gesellschaft. Die haben es gut, denke ich, die können den See mit dem Rad erreichen. Aber dann höre ich auf, andere Leute zu beneiden, und lasse mich treiben.

Sehr viel später fahre ich nach Hause und fühle mich verreist. Ich denke mir einfach aus, ich sei im Urlaub. Es ist 10.08 Uhr und auf meiner Terrasse ist es noch kühl. Ich mache mir Kaffee und lese die Zeitung, bis es zu heiß wird. Dann gehe ich rein und verdunkle meine Wohnung.

Und jetzt wird mir die Zeit lang…….Ich sitze und schwitze und hoffe, Euch geht es gut. Wahrscheinlich seid Ihr alle am Meer😉.

DSCF0617

27 Gedanken zu “Gedanken einer Daheimgebliebenen

    1. 😂Auch wieder wahr! Einen ähnlichen Gedanken hatte ich gestern im See: Immerhin kann ich meinen See relativ schnell erreichen und kann auch schnell wieder weg, wenn die anderen kommen. Aber im Vergleich ist es eigentlich immer leer hier!
      Dir auch einen schönen Tag in deiner Höhle!🍨 Regine

      Gefällt 1 Person

  1. Wer will denn ans Meer? Viel zu voll, da sieht man das Meer gar nicht mehr, lach….
    Genau richtig, du und der See. Mehr bräuchte ich auch nicht.

    Like

      1. Für die paar heißen Tage reicht es völlig.
        Aber du hast ja Sehnsucht nach dem Wellenrauschen, Füsse in den Sand, diese Weite, …. Hach.
        Da bekomm ich ja direkt Lust aufs Meer.

        Like

  2. Na also, Urlaub gefunden 🙂 Und wer will sich wie in einer Sardinenbüchse fühlen? Nee danke, dann lieber See! LG und stay cool. Ich versuchs, bei 29,1 Grad drinnen, seufz. Wo ist unser schöner Sommer geblieben?!

    Gefällt 1 Person

    1. Weg ist unser schöner Sommer mit Wolken und einem kühlen Wind und etwas Sonne. Aber hilft ja nichts. Immerhin habe ich es im Gegensatz zu Dir im Haus erträglich. Ist eben nur dämmrig. Halte gut durch, wir haben ja schon August!!!

      Gefällt 1 Person

    1. Ja, da müssen wir durch. Gestern Abend habe ich meine Radrunde gedreht und es war immer noch sehr warm. Heute bleibe ich wohl drinnen und gehe später nur zum Blumengießen raus. Mein Thermometer zeigt 37 Grad an. Und das hier in Norddeutschland. Wie muss es dann erst bei Euch aussehen? Alles Gute Dir und schmelze ja nicht weg! Regine

      Like

    1. Nein, mich in einen übervollen Strand zu quetschen mochte ich noch nie. In Dänemark ist es viel angenehmer. Mein kleiner See hier ist prima und relativ ruhig. Leider auch 25 km entfernt……..

      Like

  3. Frühmorgens gehe ich durch meinen Garten, der große Bäume sein eigen nennt. Die Luft ist wie im Wald und niemand – außer meinem Mann – wird mir dort begegnen. Ich bin dankbar, dass ich das genießen darf!

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse eine Antwort zu frauholle52 Antwort abbrechen