In der letzten Woche bekam ich Zahn- und Kopfschmerzen, die mich von Tag zu Tag häufiger heimsuchten. Nun habe ich ja immer Schmerzen, in den Knien und in den Händen, aber Kopf- und Zahnschmerzen wollte ich nicht auch noch haben. Das störte die Schmerzen aber wenig und so musste ich etwas unternehmen. Donnerstag meldete ich mich beim Zahnarzt an. „Aber bitte bringen Sie Wartezeit mit, bei uns ist die Hölle los!“ Klar, wenn ich etwas habe, ist es Zeit.
Der junge Zahnmediziner (könnte ja fast schon mein Enkel sein, werden die immer jünger?) ließ mich röntgen und klopfte auf meinen Zahnkronen herum. „Alles gut“, befand er und ich war erleichtert. Ich brauche eine neue Beißschiene, die alte ist eingebrochen und daran könnte es auch liegen mit den Schmerzen. Also wieder zwei Termine gemacht und ich freue mich, im Juli etwas vor zu haben. Der Junge im Zahnarztkittel ist ja ausgesprochen nett.
Freitag hielten sich die Schmerzen etwas zurück. Gestern nicht. Es wurde immer schlimmer. Mal tat die linke obere Zahnreihe weh, mal die untere, mal beide und ich begann, die Wände hochzugehen. Nichts da mit der Einladung zum Essen. Prima, wer will schon an einem lauen Sommerabend draußen sitzen und feiern? Ich nicht. Ich zog meine Schmerzen vor und die wollte ich mit keinem teilen.
Oi,oi, oi. Es wurde immer schlimmer. Ich dachte mir einen guten Trick aus: wenn ich kaltes Wasser im Mund hatte, fühlte ich fast keine Schmerzen. So saß ich also zuerst draußen mit Wasser im Mund und las und dann saß ich drinnen und guckte Fernsehen. Immer schön mit Wasser im Mund, das ich regelmäßig wechselte. Verbrauchtes Wasser in die große Schüssel, neues Wasser aus dem Glas. Immer in der Hoffnung, die Schmerzen hätten endlich genug von mir und ließen sich ausspülen. Taten sie nicht. Sie feierten und bohrten und ich war völlig fertig.
Kurz nach Mitternacht rief ich den ärztlichen Notdienst. Vorher packte ich schon mal eine Notfalltasche für das Krankenhaus. Man kann ja nie wissen und ich erst recht nicht. Habt Ihr schon mal mit Wasser im Mund am Telefon gesprochen? Genau, ging bei mir auch nicht. Ohne Wasser konnte ich es kaum aushalten. Also echt, war nicht schön. Die Ärztin riet mir, ein anders Schmerzmittel aus der Apotheke zu holen, weil meins wohl nicht wirken würde. Ich denke, sie dachte, ich hätte nicht alle Tassen im Schrank und sie fühlte sich für leichte bis mittelschwere Schmerzen nicht persönlich zuständig. Die starken bis entsetzlichen Schmerzen habe ich wohl nicht so recht rübergebracht.
Na gut. Oder auch nicht. Da ich alleine lebe, musste ich mir das Mittel dann auch alleine holen. Zum Glück hatte eine Apotheke im Ort Notdienst. Hätte auch anders kommen können. Ich also aufs Rad und los. Immer mal wieder wechselte ich unterwegs das Mundwasser aus der Flasche. Die Apothekerin verkaufte mir ein Mittel gegen leichte und mittelschwere Schmerzen und versprach Heilung. „Aber nicht mehr als zwei“, gab sie mir auf den Weg. Die nahm ich gleich vor der Apothekentür und hatte bei meiner Rückfahrt keinen Blick für den Mond und die Sterne.
Zuhause fand ich heraus, dass die Schmerzen nicht besser wurden, es mir aber besser ging, wenn ich die schmerzende Gesichtshälfte ins Wasser tauchte und immer mal wieder das Wasser im Mund tauschte. Ich hockte vor dem Waschbecken, halb eingetaucht im kalten Wasser und sehnte mich nach dem trockenen Bett.
Draußen wurde es hell. Die Amseln sangen und ich saß da immer noch. Nun war alles egal und ich nahm noch mal zwei Tabletten. Ich ging ins Bett und richtete mich mit den Mundspülungen so gut ein, wie es irgend ging.
Irgendwann bin ich vor Erschöpfung eingeschlafen und ein wenig später ohne Schmerzen wieder aufgewacht. Fast ohne. Zum Glück konnte ich mich also selbst in den übernächsten Ort zum Notdienst fahren. Ich kannte die Ärztin sehr gut und sie mich. Sie fand, dass ich abgenommen hätte. Sie untersuchte mich und konnte zum Glück nichts finden. Sie meinte, manchmal kämen bei einer Gürtelrose im Gesicht zuerst die Schmerzen und dann die Symptome. Wenn ich Glück habe, liegt es aber auch wirklich an der kaputten Beißschiene. Ich beschloss, Glück zu haben und keine Gürtelrose. Sie verschrieb mir ein starkes Schmerzmittel für den Notfall, welches ich mir natürlich sofort holte.
Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie schön ich es heute hatte! Fast ohne Schmerzen und der Gewissheit, so eine Nacht nicht noch einmal zu brauchen. Wenn es wieder losgeht, nehme ich gleich die volle Dröhnung!